1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Griechenland stellt Steuersünder am Pranger

25. Januar 2012

Etwa 15 Milliarden Euro schulden die schlimmsten griechischen Steuersünder dem krisengeplagten Staat. Großunternehmer, Sportler und Sänger befinden sich auf der jetzt veröffentlichten Liste mit über 4100 Namen.

https://p.dw.com/p/13oqJ
Liste mit Steuersündern in der griechischen Zeitung "Ethnos" (Quelle: Takis Tsafos dpa (zu dpa1484 vom 23.01.2012) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bild: picture-alliance/dpa

Dass der legendäre griechische Musiker Tolis Voskopoulos medienwirksam wie ein gemeiner Straftäter vorgeführt wird, hätten seine Fans noch vor fünf Jahren für unmöglich gehalten. Der Schnulzen-Sänger, der in den siebziger Jahren die Herzen vieler Frauen brach, ist einer der prominentesten Steuersünder auf der Liste, die der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos am Sonntagabend (22.01.2012) ins Internet gestellt hat.

"Sündige" Prominenz

Der Steuerbetrug von Voskopoulos wurde bereits 2010 aufgedeckt. Voskopoulos Frau, die stellvertretende Tourismusministerin Angela Gerekou, musste damals zurücktreten. Ursprünglich schuldete der Sänger dem Staat 5,5 Millionen Euro. Seine Prominenz hat Voskopoulos offenbar nicht geschadet. In den vergangenen Monaten konnte er seine Schulden mit dem Finanzamt "regeln" und auf 500.000 Euro herunterverhandeln - was nach griechischem Steuerrecht auch erlaubt und legitim ist. Doch selbst diese vergleichsweise bescheidene Summe hat der Altstar immer noch nicht beglichen.

Die ehemalige griechische Tourismusministerin Angela Gerekou (Quelle: EPA/JAVIER LIZON +++(c) dpa - Bildfunk+++)
Gerekou: Die Steuersünden ihres Ehegatten kosteten sie das AmtBild: picture-alliance/dpa

Auch der einst gefeierte Unternehmer und frühere Besitzer des Fußball-Erstligisten "PAOK Saloniki", Giorgos Batatoudis, könnte als Symbolfigur der Griechenland-Krise herhalten. In den frühen neunziger Jahren machte er sich einen Namen als Bauunternehmer. Nach griechischen Medienberichten profitierte er damals von EU-Förderung, sowie von seinen guten Kontakten zu den regierenden Sozialisten. Innerhalb weniger Jahre versuchte sich Batatoudis als TV-Unternehmer, Börsenspekulant, Inhaber einer Telekommunikationsfirma und Fußballmäzen, bevor er sich ins Ausland absetzte. Erst im September 2011 wurde er in Libyen nach dem Sturz des Gaddafi-Regimes verhaftet und nach Griechenland abgeschoben. Dem Staat schuldet er heute 2,5 Millionen Euro.

Druck auf die Schuldner

Die Liste der Steuersünder ist das Thema in Griechenland: 4152 Namen auf insgesamt 170 Seiten, Gesamtschulden in Höhe von 15 Milliarden Euro. Schon im vergangenen Sommer wollte Finanzminister Evangelos Venizelos diese "Liste der Schande“, wie er sie nennt, veröffentlichen, aber er hat dann doch viel länger gebraucht. Seine Hausjuristen mussten erst einmal Datenschutzbedenken ausräumen, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums.

Finanzminister Venizelos macht Ernst (Foto:AP/dapd)
Finanzminister Venizelos macht ErnstBild: dapd

Mitte November machte Venizelos auf einmal ordentlich Druck: Vorzeigeunternehmer und schillernde TV-Prominente wurden in Handschellen als Steuerbetrüger vorgeführt. Gleichzeitig stellte der Finanzminister allen Griechen, die dem Staat mehr als 150 000 Euro schulden, ein Ultimatum. Venizelos gab den Steuersündern zehn Tage Zeit, um sich beim Finanzamt zu melden und tätige Reue zu zeigen. Ansonsten, so die Drohung, würde er ihre Namen veröffentlichen.

Gesagt, getan. Nun stellen sich viele die Frage, ob das reicht, um die Schulden der Steuersünder einzutreiben. Die bisherige Erfahrung ist eher ernüchternd: Im Dezember 2011 berichtete die Athener Tageszeitung "Ta Nea", dass sich bei 17 verhafteten Unternehmern, die mit insgesamt 5,5 Millionen Euro in der Kreide stehen, gerade 50 000 Euro eintreiben ließen. Zudem bleibt das griechische Steuerrecht kompliziert und unübersichtlich, oft wird die Arbeit der Steuerfahnder durch widersprüchliche Vorschriften und Gesetzeslücken erschwert. Auch unter Venizelos wird das griechische Finanzministerium vermutlich nur einen geringen Teil der dem Staat zustehenden Milliarden eintreiben können.

Gesellschaftliches Umdenken

Dennoch: Nach Einschätzung einiger griechischer Medien ist die "Liste der Schande“ ein positiver Schritt, weil sie eine nicht zu unterschätzende psychologische Wirkung entfaltet. Wenn der kleine Mann nämlich sieht, dass Prominente wie der Schlagerstar Voskopoulos und der schillernde Unternehmer Batatoudis öffentlich bloßgestellt und im Rahmen des Möglichen belangt werden, dann wäre auch er bereit, den Staat ernst zu nehmen und seine Steuern pünktlich zu zahlen.

Autor: Jannis Papadimitriou
Redaktion: Blagorodna Grigorova