Weltweit Wetterextreme - und nichts wird getan
11. Dezember 2019Die eigentliche Gefahr sei nicht die Untätigkeit der für die Krise verantwortlichen Regierungen und Unternehmen, "sondern die Tatsache, dass Politiker und Konzernchefs es so aussehen lassen, als würden sie etwas tun", betonte Greta Thunberg bei einer hochkarätig besetzten Diskussionsveranstaltung zum Thema Klimanotstand beim Weltklimagipfel in Madrid. Nichts sei geschehen außer "geschickter Buchhaltung und PR", sagte die 16-Jährige Schwedin.
Etliche Versprechen der Reichen zur Reduktion der gefährlichen Treibhausgase seien irreführend. So rechneten die reichen Staaten in ihre Pläne etwa die Verschmutzung durch Flug- und Schiffsverkehr nicht ein oder lagerten den Ausstoß der Treibhausgase in andere Länder aus.
Thunberg monierte in ihrer rund elfminütigen Rede scharf, dass die Verhandlungen in Madrid so schleppend vorankämen. "Es gibt überhaupt kein Gefühl der Dringlichkeit", warf sie den Politikern vor. Aber das Jahrzehnt, das in nur drei Wochen beginne, "wird unsere Zukunft definieren", warnte sie.
In Bezug auf einen Sonderbericht des Weltklimarats machte die Klimaaktivistin eine Rechnung auf: Wenn die Welt mit den heutigen Emissionsausstößen weitermacht, gibt es in acht Jahren keine realistische Chance mehr, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken.
Globaler Süden wird im Stich gelassen
Die Jugendliche erinnerte an die Ungleichheiten im weltweiten Ausstoß der Treibhausgase. So sei die Gruppe der reichen Wirtschaftsblöcke G20 für rund 80 Prozent der Emissionen der Gase verantwortlich. Thunberg verlangte eine entschlossene Hilfe für die armen Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen hätten.
In die gleiche Kerbe schlug auch Nakabuye Hilda Flavia aus Uganda: "Wir sind Menschen, die es nicht verdienen, unter einer Krise zu leiden, die wir nicht verursacht haben", sagte die 22-Jährige Aktivistin. Sie verstehe nicht, warum die am stärksten betroffenen Länder auf solchen Konferenzen immer unterrepräsentiert seien.
Sie führte aus, dass aktuell in ihrer Heimat Menschen wegen extremer Wetterereignisse sterben. In Ostafrika regnet es seit Monaten ungewöhnlich viel. Wie das UN-Nothilfebüro (Ocha) mitteilte, sind bislang mehr als 2,8 Millionen Menschen von dem Regen und den Überschwemmungen betroffen und mindestens 280 Menschen ums Leben gekommen. "Es verstört mich, dass die westlichen Medien zum Klimanotstand in Uganda und ganz Ostafrika schweigen", sagte Nakabuye.
Die Lenker rief die Aktivistin zu echter Führerschaft auf, statt nur Verhandlungen zu führen. "Ihr habt die letzten 25 Jahre verhandelt. Wollt ihr Afrika erst zugrunde richten, bevor ihr etwas tut? Kümmert es euch überhaupt, wenn wir alle bei Überflutungen ertrinken?" Mit ihrem emotionalen Appell rührte sie einige der Zuhörer zu Tränen und erntete stehende Ovationen.
Australier forden Handlungen ein
Zu Klimaschutzmaßnahmen haben derweil auch Australier ihre Regierung aufgefordert. Bis zu 20.000 Demonstranten gingen angesichts der verheerenden Waldbrände auf die Straße. "Tut verdammt noch mal endlich etwas" und "Australien brennt", war auf Plakaten in der Millionenmetropole Sydney zu lesen, die seit Wochen in immer dichteren Rauchschwaden versinkt. Die Demonstranten werfen der konservativen Regierung unter Premierminister Scott Morrison vor, nichts gegen den Klimawandel zu unternehmen.
Am Dienstag hatte der Rauch in Sydney automatisch hunderte Notrufe durch Rauchmelder ausgelöst, Büros mussten evakuiert werden. Die Behörden riefen die Bevölkerung angesichts der gesundheitsgefährdenden Luftverschmutzung erneut dazu auf, sich möglichst in Innenräumen aufzuhalten. Die Krankenhäuser verzeichneten vergangene Woche einen 25-prozentigen Anstieg der Patienten in den Notaufnahmen. Die Zahl der angeforderten Rettungswagen stieg um 30 Prozent.
Zwar sind Buschbrände in Australien häufig, allerdings setzte die Brandsaison in diesem Jahr früher ein als sonst. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf eine lange Dürreperiode und die dadurch ausgetrockneten Wälder und Böden. In diesem Jahr wurden bereits mehr als drei Millionen Hektar Land durch die Brände zerstört.
ust/sti (dpa, epd, afp, ap, rtr, unfccc-cop25)