Grenzkontrollen führen zu Staus
14. September 2015Kurz nach der Wiederaufnahme der deutschen Kontrollen an der Grenze zu Österreich haben sich in der Region eine Reihe von Staus gebildet. Auf der Autobahn A3 vom österreichischen Linz nach Passau in Bayern kam es wegen der Grenzkontrollen in der Nacht zum Montag zu einem acht Kilometer langen Stau, wie der Verkehrsdienst des Bayerischen Rundfunks meldete. Auch auf der A 8 von Salzburg nach München standen die Fahrzeuge beim Grenzübergang Bad Reichenhall.
Mutmaßlicher Schleuser gefasst
Im bayerischen Grenzort Freilassing nahm die Polizei wenige Stunden nach Beginn der Grenzkontrollen einen mutmaßlichen Schleuser fest. Der aus Italien stammende Mann hatte nach Agenturberichten in seinem Van acht syrische Flüchtlinge bei sich. Unter ihnen waren auch Jugendliche, von denen drei im Kofferraum des Wagens saßen. Die Flüchtlinge wurden in Erstaufnahmeeinrichtungen gebracht.
Angesichts der humanitären Notlage in Ungarn festsitzender, meist aus Syrien stammender Flüchtlinge hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang September entschieden, den Asylsuchenden die Einreise nach Deutschland zu gestatten.
Städte und Länder am Limit
Allein in München kamen seither mehr als 63.000 Flüchtlinge an. Die Aufnahmekapazitäten der bayerischen Landeshauptstadt sind erschöpft. Zahlreiche Flüchtlinge müssen im Hauptbahnhof kampieren. Auch andere Bundesländer befinden sich wegen des Flüchtlingsandrangs nach eigenen Angaben am Limit. Die Bundesregierung vollzog deshalb eine dramatische Kurskorrektur: Seit Sonntagnachmittag wird an der Grenze zu Österreich wieder kontrolliert. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung schickt der Bund 21 Hundertschaften seiner Bereitschaftspolizei nach Bayern, die bei der Grenzsicherung helfen sollen.
De Maizière: Zustrom begrenzen
Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärte in Berlin: "Ziel dieser Maßnahme ist es, den derzeitigen Zustrom nach Deutschland zu begrenzen und wieder zu einem geordneten Verfahren bei der Einreise zu kommen. Das ist auch aus Sicherheitsgründen dringend erforderlich."
Die Entscheidung sei "in der Koalition einvernehmlich beraten und beschlossen worden". Die Innenminister der Länder hätten zugestimmt. Die Opposition habe er persönlich unterrichtet. Auch die Regierung in Wien sei konsultiert worden, teilte de Maizière mit.
Züge aus Österreich
Nach einer zwölfstündigen Unterbrechung ist der Bahnverkehr von Österreich nach Deutschland nach Angaben eines ARD-Korrespondenten wieder aufgenommen worden. Bundesinnenminister de Maizière hatte allerdings angekündigt, es könne in den kommenden Tagen zu weiteren Einschränkungen im Zugverkehr kommen. "Wir brauchen einfach mehr Zeit und ein gewisses Maß an Ordnung an unseren Grenzen." Wie lange die Kontrollen an der Grenze fortgeführt werden sollen, ließ der CDU-Politiker in Fernsehinterviews offen.
De Maizière betonte, in den vergangenen Wochen habe Deutschland bewiesen, dass es sich der humanitären Verantwortung für Flüchtlinge stelle. "Aber die großen Lasten müssen innerhalb Europas solidarisch verteilt werden." Die Bundesregierung poche darauf, dass die anderen EU-Staaten sich wieder an das Dublin-Abkommen hielten, sagte de Maizière.
Dieses sieht nicht nur die Registrierung von Flüchtlingen in dem ersten EU-Staat vor, den sie betreten. Dort müssten auch die Asylverfahren stattfinden. Die Flüchtlinge müssten akzeptieren, dass sie sich einen Mitgliedstaat der EU als Asylland nicht einfach aussuchen könnten, betonte der Bundesinnenminister.
Keine Einwände der EU
Eigentlich sind innerhalb des so genannten Schengen-Raums in Europa, zu dem auch Deutschland und Österreich gehören, die Grenzkontrollen abgeschafft. Sie können aber in Ausnahmesituationen für eine begrenzte Zeit wieder eingeführt werden. Die EU-Kommission in Brüssel teilte mit, "auf den ersten Blick" scheine die deutsche Entscheidung durch die geltenden Regeln gedeckt. Merkel habe Kommissionschef Jean-Claude Juncker telefonisch informiert.
Nach Regierungsangaben telefonierte die Kanzlerin auch mit Frankreichs Präsidenten Francois Hollande. Beide seien sich "in der Beurteilung der gegenwärtigen Flüchtlingssituation einig", hieß es in Berlin. Öffentlich äußerte sich Merkel bislang nicht zu der Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik.
wl/fab (dpa, afp, rtr,epd)