Golden Globes drehen sich um Diversität
1. März 2021Kein roter Teppich, kein Blitzlichtgewitter der Fotografen: Die Nominierten, die Preisträgerinnen und Preisträger - sie saßen bei der 78. Verleihung der Golden Globes auf ihren Sofas in den heimischen Wohnzimmern oder in Hotels. Wegen der Corona-Pandemie vergab die Vereinigung von Hollywoods Auslandspresse die Auszeichnungen digital.
Zu den großen Gewinnern des Abends zählte der Film "Nomadland", der die Preise als bestes Filmdrama und für die beste Filmregie erhielt. Regisseurin Chloé Zhao ist nach 1984 erst die zweite Frau, die in dieser Kategorie mit einem Golden Globe geehrt wurde, und die erste Frau asiatischer Abstammung. Der Film erzählt die Geschichte einer Frau - gespielt von Frances McDormand -, die nach dem wirtschaftlichen Kollaps einer Kleinstadt ihre Habseligkeiten in einen Van packt und und als Nomadin durch die USA zieht. "Nomadland" ist eine Studie der USA in der Trump-Ära.
Bewegende Ehrung
Beim Preis als beste Schauspielerin ging McDormand leer aus, Andra Day erhielt die Auszeichnung für ihre Rolle der Sängerin Billie Holiday in der Filmbiografie "The United States vs. Billie Holiday". Der Preis für den besten Schauspieler in einem Filmdrama wurde posthum an Chadwick Boseman für seine Rolle in dem Netflix-Film "Ma Rainey's Black Bottom" vergeben. Boseman war im August 2020 im Alter von 43 Jahren an einem Krebsleiden gestorben. Seine Witwe nahm den Preis entgegen und sorgte für einen emotionalen Moment, als sie sagte, sie können nie so wortgewandt sein wie ihr verstorbener Mann.
Mangelnde Vielfalt
Trotz der Darstellerpreise für die afroamerikanischen Schauspieler Day, Boseman und Daniel Kaluuya sowie des Regiepreises für Chloé Zhao, war die mangelnde Diversität ein beherrschendes Thema des Abends. Seit einigen Jahren werden die Oscars für ihre mangelnde Diversität kritisiert. In diesem Jahr traf der Vorwurf auch die Hollywood Foreign Press Association, die die Golden Globes vergibt. Kurz vor der Preisverleihung wurde bekannt, dass es in dem 87-köpfigen Gremium keine schwarzen Mitglieder gibt.
Die Gastgeberinnen des Abends, die Komikerinnen Tina Fey und Amy Poehler, sprachen das Thema früh an und machten darauf aufmerksam, dass "eine Reihe von Projekten von Schwarzen übersehen wurde". Filme wie "Ma Rainey's Black Bottom" über die Bluessängerin Gertrude "Ma" Rainey oder "Judas and the Black Messiah" über die Black-Panther-Bewegung waren nicht als beste Filme nominiert worden. "Da 5 Bloods", Spike Lees Kriegsdrama über afroamerikanische Vietnam-Veteranen, hatte bei den Golden Globes nicht eine einzige Nominierung erhalten.
Während der gesamten Zeremonie riefen Schauspieler und Schauspielerinnen zur Vielfalt auf, am eindringlichsten Jane Fonda, die in ihrer Dankesrede für den Cecil B. DeMille Award für ihr Lebenswerk sagte: "Es gibt eine Geschichte, vor der wir Angst haben, sie zu sehen und zu hören [...] eine Geschichte darüber, wem ein Platz am Tisch angeboten wird und wer von den Räumen ferngehalten wird, in denen Entscheidungen getroffen werden."
Die Hollywood Foreign Press Association entschuldigte sich für den Mangel an Vielfalt, ohne aber zu erklären, welche Änderungen die Organisation vornehmen wolle.
Netflix räumt ab
Nach einem Jahr, in dem die Kinosäle weltweit die meiste Zeit geschlossen waren, waren die Streamingdienste bereits bei den Nominierungen für die Golden Globes in die Pole Position gerückt: Allein 42 Nominierungen entfielen auf Netflix-Produktionen. Folgerichtig war die TV-Serie "The Crown" über das britische Königshaus ein großer Gewinner der diesjährigen Verleihung: Neben dem Preis als beste Drama-Serie konnten sich auch Emma Corrin als Prinzessin Diana und Josh O'Connor als Prinz Charles über Golden Globes freuen.
Auch die Netflix-Produktion "Das Damengambit" ging erfolgreich aus der Preisverleihung hervor: mit einem Preis als beste Miniserie und für Anya Taylor-Joy als beste Schauspielerin in dieser Kategorie. In der Serie spielt sie eine junge Frau, die in den 1950er Jahren Weltmeisterin in der Männerdomäne Schach werden will.
Kein Glück für deutsche Nominierte
Die 12-jährige deutsche Schauspielerin Helena Zengel, 2020 für ihre Rolle in "Systemsprenger" bereits mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet, ging bei ihrer ersten Golden-Globe-Nominierung leer aus: Zengel war als beste Nebendarstellerin im Netflix-Western "News of the World" nominiert, in dem sie an der Seite von Tom Hanks spielt. Und die Netflix-Serie "Unorthodox" von Regisseurin Maria Schrader, bei den Emmys noch erfolgreich, musste sich dem "Damengambit" geschlagen geben.
Eine tröstliche Erkenntnis für das von der Pandemie geplagte Publikum hatte die Preisverleihung übrigens auch parat: Auch Hollywood-Stars können bei Videokonferenzen patzen. Als der erste Preisträger des Abends, Daniel Kaluuya ("Judas and the Black Messiah"), zu seiner Dankesrede ansetzen wollte, war sein Mikrofon noch stumm geschaltet.