Gladbacher Überfall auf überforderte Bayern
27. Oktober 2021Es war wie ein Überfall, den Borussia Mönchengladbach gegen den FC Bayern mit dem Anpfiff der Partie beging. Und die Bayern wirkten so überrascht und hilflos, als nähmen sie erstmals an solch einem K.o.-Spiel teil. Das Team von Trainer Adi Hütter ging in den ersten Minuten dieser DFB-Pokalpartie so verschlagen und entschlossen zu Werke, als wären die Borussen auf derartige und plötzliche Überwältigungen spezialisiert.
Die Waffen, die die Gladbacher dabei einsetzten: Unbedingten Willen, Leidenschaft, Einsatzbereitschaft, hohes und bedingungsloses Pressing. Und dieser Mut wurde gegen die als übermächtig geltenden Bayern belohnt. Am Ende sprang ein hochverdientes 5:0 (3:0), der Einzug ins Achtelfinale und ein historischer Abend für die Borussia heraus: Es war der erste DFB-Pokalsieg der Elf vom Niederrhein gegen den Rekordmeister überhaupt und die höchste Pokalniederlage in der Vereinsgeschichte der Münchener. "Ich kann mich nicht erinnern, so etwas Gutes schon einmal von einer eigenen Mannschaft gesehen zu haben", sagte Gladbach-Coach Adi Hütter zur überragenden Anfangsphase seines Teams.
Sehr frühe Führung
Bereits nach 76 Sekunden erzielte Kouadio Koné die Führung, Ramy Bensebaini baute das Ergebnis erst per Distanzschuss (15.) und im Anschluss per Elfmeter nach Foulspiel an Breel Embolo (21.) früh aus. Und immer mitten im Geschehen: Jonas Hofmann. Neben Embolo bildete der 29 Jahre alte Nationalspieler die zweite Spitze.
Was Hofmann schon seit jeher auszeichnet, ist sein Gefühl für den Raum, der sich im nächsten Moment auftun wird. Dorthin platziert er seine Pässe, dorthin schleicht er sich - meistens, um seine Mitspieler in Szene zu setzen. So wie beim 2:0 gegen die Münchener, als er von der rechten Seite und fast in Höhe der Grundlinie den Ball in den von den Bayern völlig vernachlässigten Rückraum spielte, von wo aus Bensebaini unbedrängt verwandelte.
Während Embolo den rustikalen und körperlichen Part in der Angriffsspitze übernimmt, schwingt Hofmann die elegante, feine Klinge. An diesem Abend im Borussia-Park funktionierte bei dem Sturmduo und der Borussia so gut wie alles. Embolo und Hofmann harmonierten so gut wie lange nicht. War der eine nicht zur Stelle, übernahm der andere. Die Bayern, bei denen Lucas Hernandez in der Startelf stehen konnte, nachdem die spanische Justiz einer Berufungsklage von ihm stattgegeben hatte und der Franzose nicht ins Gefängnis musste, wirkte nicht nur in der ersten Hälfte völlig überfordert.
Embolo mit Urkraft
Kaum hatte die zweite Halbzeit begonnen und hatten sich sowohl die Gladbacher als auch die Zuschauer auf einen Sturmlauf der Münchner eingestellt, zeigte Embolo, über welche Wucht er verfügt. Der 24 Jahre alte Schweizer Angreifer setzte sich robust im Zweikampf mit dem ebenfalls muskelbepackten Verteidiger Dayot Upamecano durch und hämmerte die Kugel aus 14 Metern zum 4:0 (51.) in die Münchener Maschen. Damit war auch die letzte Hoffnung der Münchener auf eine Aufholjagd dahin. Und damit nicht genug: Embolo erhöhte nur sechs Minuten, nach einem unwiderstehlichen Sprint, per Flachschuss zum 5:0-Endstand. "Das war ein perfekter Abend für alle Borussen", schwärmte Embolo, der die Stimmung im erstmals seit rund anderthalb Jahren wieder mit knapp 50,000 Fans gefüllten Stadion sichtlich genoss. "Das müssen wir jetzt zwei, drei Tage ertragen, dass Häme und Spott sich über uns ergießen werden", sagte auf der anderen Seite Bayern-Co-Trainer Dino Toppmöller, der den an Corona erkrankten Chefcoach Julian Nagelsmann auch in Gladbach vertrat.
Von einer sportlichen Krise, die die Gladbacher zuletzt in der Bundesliga noch ausgebremst hatte, war an diesem geschichtsträchtigen Abend nichts zu spüren. Es war ein einziger Triumph der Gladbacher Borussia gegen einen völlig indisponierten FC Bayern. Und es war ein Spiel, von dem nicht nur die Anhänger der Gladbacher wohl noch lange sprechen werden. "Wir müssen uns jetzt messen lassen an so einem Spiel", forderte Trainer Hütter. "Die Mannschaft hat heute gezeigt, was in ihr steckt."
Die übrigen Pokal-Partien
Bayer Leverkusen - Karlsruher SC 1:2 (0:1)
Tore: 0:1 Cueto (5.), 1:1 Frimpong (54.), 1:2 Choi (63.)
Dynamo Dresden - FC St. Pauli 2:3 n.V. (0:0,2:2)
Tore: 0:1 Paqarada (63.), 1:1 Daferner (66.), 1:2 Dittgen (72.), 2:2 Ziereis (73./Eigentor), 2:3 Buchtmann (101.)
Waldhof Mannheim - Union Berlin 1:3 (1:1, 1:1) n.V.
Tore: 1:0 Rossipal (4.), 1:1 K. Behrens (18.), 1:2 Awoniyi (94.), 1:3 K. Behrens (118.)
VfL Bochum - FC Augsburg 2:2 (2:2, 1:0) n.V., 5:4 i.E.
Tore: 1:0 Pantovic (12.), 2:0 Pantovic (53.), 2:1 Oxford (55.), 2:2 Vargas (58.)
Elfmeterschießen: 0:1 Gouweleeuw, 1:1 Rexhbecaj, 1:2 Finnbogason, 2:2 Masovic, 2:3 Strobl, 3:3 Blum, 3:4 Gregoritsch, 4:4 Polter, Maier schießt über das Tor, 5:4 Riemann
VfB Stuttgart - 1. FC Köln 0:2 (0:0)
Tore: 0:1 Modeste (72.), 0:2 Modeste (77.)
Bor. Mönchengladbach - Bayern München 5:0 (3:0)
Tore: 1:0 Koné (2.), 2:0 Bensebaini (15.), 3:0 Bensebaini (21./Foulelfmeter), 4:0 Embolo (51.), 5:0 Embolo (57.)
Hannover 96 - Fortuna Düsseldorf 3:0 (1:0)
Tore: 1:0 Kerk (30.), 2:0 Beier (90.+2), 3:0 Beier (90.+5)
Jahn Regensburg - Hansa Rostock 3:3 (2:2) (0:1) n.V., 2:4 i.E.
Tore: 0:1 Riedel (9.), 0:2 Mamba (56.), 1:2 Singh (71.), 2:2 Zwarts (90.+1), 3:2 Breitkreuz (101.), 3:3 Breier (120.+1) Elfmeterschießen: 1:0 Wekesser, 1:1 Bahn, 2:1 Boukhalfa, 2:2 Malone, Albers schießt an den Pfosten, 2:3 Behrens, Kolke (Rostock) hält gegen Guwara, 2:4 Breier