Ghana: Machtwechsel zeichnet sich ab
9. Dezember 2016Ein paar besonders leidenschaftliche Unterstützer haben die ganze Nacht vor Nana Akufo-Addos Haus in der Hauptstadt Accra ausgehalten. Völlig übermüdet wedeln sie auch am Freitagmorgen noch mit ihren Fahnen in den Farben Rot, Weiß und Blau und jubeln vorbeifahrenden Autos zu. Offiziell hat die Wahlkommission zwar noch nichts verkündet, doch vorläufigen Auszählungen zufolge liegt Oppositionskandidat Nana Akufo-Addo uneinholbar vorne. Kommt es zu keiner großen Überraschung, dann ist er Ghanas neuer Präsident.
Damit wäre dem 72-Jährigen die Revanche geglückt. Nach zwei Niederlagen könnte sich der Spitzenkandidat der Neuen Patriotischen Partei (NPP) dieses Mal den Wahlsieg holen und Amtsinhaber John Dramani Mahama vom Nationalen Demokratiekongress (NDC) schlagen.
Für Ghana ginge dann ein langer Wahlkrimi mit zahlreichen Anschuldigungen und voreiligem Siegesjubel zu Ende.
Akufo-Addo muss Arbeitsplätze schaffen
Auch Osei Kwaku Anyemedu atmet auf. Der NPP-Anhänger lebt in Osu, einem beliebten Stadtteil im Zentrum von Accra: "Ich bin so glücklich. Das hier war früher eine Hochburg des regierenden NDC", sagt er über sein Viertel, in dem Akufo-Addo die Mehrheit holen konnte. Dieser Trend zeichnete sich bereits am Donnerstag ab, als klar wurde, dass die Opposition in einstigen NDC-Gebieten - etwa in der Zentralregion - starke Stimmengewinne einfahren konnte.
Wähler Anyedemdu ist aufgeregt, denn er setzt große Hoffnungen in die bisherige Opposition. "Sie war ja schon mal an der Macht. Ich hoffe, dass sie daraus gelernt und Erfahrungen gesammelt hat und jetzt viele Dinge besser macht." Konkret sind Anyemedus Wünsche allerdings noch nicht. Die Politik des bisher regierenden NDC hält er für zu eingefahren.
Jugendarbeitslosigkeit als größte Herausforderung
Den Wandel hat sich offenbar eine Mehrheit der Wähler gewünscht. Der bisherigen Regierung ist es ihrer Meinung nach nicht gelungen, Ghanas größte Probleme in den Griff zu kriegen: die schwächelnde Wirtschaft und die massive Jugendarbeitslosigkeit. "Wenn wir uns das Bevölkerungswachstum ansehen, dann haben wir jedes Jahr 300.000 junge Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängen", sagt Professor Joe Abbey, der das Zentrum für Politische Analyse CEPA leitet. Weder der private Sektor noch der Staat würden ausreichend Arbeitsplätze schaffen. "Auf Studenten und deren Eltern lastet also ein enormer Druck", so Abbey. Der neue Präsident müsse dringend handeln.
Akufo-Addo hatte sich im Wahlkampf entsprechend präsentiert: als jemand, der Ghana aus der Krise führen kann. Er versprach jedem der 26 Distrikte eine Fabrik und kündigte einen Umstrukturierung der Wirtschaft an. Ghana dürfe nicht mehr nur Rohstofflieferant sein, sondern müsse eine eigene Industrie aufbauen, so Akufo-Addo.
Massive Kritik an voreiligem Jubel
Für Ärger hat NPP-Kampagnen-Leiter Peter Mac Manu gensorgt: Er erklärte Akufo-Addo schon wenige Stunde nach Schließung der Wahllokale voreilig zum Sieger. Nach Hochrechnungen der Partei-Beobachter, die in fast allen Wahllokalen im Land vertreten waren, sollte der Oppositionskandidat knapp 55 Prozent der Stimmen erhalten haben - für Akufo-Addos Anhänger ein eindeutiger Sieg, der sie bereits den ganzen Donnerstag über in Feierlaune versetzte. Das brachte der NPP zum Teil massive Kritik auch von Wahlbeobachtern ein.
Diese hatten sich im Verlauf des Wahltags allerdings durchweg positiv geäußert. Laut der Koalition lokaler Wahlbeobachter Codeo (Coalition of Domestic Election Observers), der 42 Organisationen der Zivilgesellschaft angehören, war die Abstimmung und die anschließende Stimmauszählung "generell glaubwürdig". Auch die Vorbereitungen in den knapp 29.000 Wahllokalen seien überwiegend gut gelaufen. Dennoch hätten die rund 8.000 Beobachter laut Miranda Greenstreet, einer der Codeo-Vorsitzenden, 436 Fälle von Einschüchterungen, zu spät geöffneten Wahllokalen, fehlenden Unterlagen und Gewalt registriert.
Neuer Präsident muss das Land wieder einen
Vor den Wahlen war mehrfach ein Ausbruch von Gewalt befürchtet worden. Jetzt gehen viele Ghanaer aber nicht mehr davon aus. Im Stadtteil Newtown macht Wähler Alexander K. Mensah einen nachdenklichen Eindruck. Nana Akufo-Addo hat seiner Meinung nach jetzt eine ganz wichtige Aufgabe zu meistern: "Ich wünsche mir vom neuen Präsidenten, dass er uns eint und zusammenbringt. Nach einer Wahl gibt es Menschen, die unglücklich sind. Jetzt müssen wir zusammenstehen."