Gewalt begleitet Parlamentswahl in Afghanistan
18. September 2005Kurz nach Öffnung der Wahllokale in Afghanistan schlugen am Sonntag (18.9.2005) in ein Lagerhaus der Vereinten Nationen in Kabul zwei Raketen ein. Dabei wurde ein afghanischer UN-Mitarbeiter verletzt. Insgesamt wurden bei Angriffen und Anschlägen am Wochenende mindestens 18 Menschen getötet. In der östlichen Provinz Chost griffen mehrere Dutzend mutmaßliche Taliban-Kämpfer einen Polizeiposten an. Daraufhin entbrannte ein dreistündiges Feuergefecht, bei dem nach Angaben eines Polizeisprechers drei der Angreifer und zwei Polizisten getötet sowie zwei US-Soldaten verletzt wurden. Die Angreifer stammten aus Pakistan, sagte Polizeisprecher Mohammed Hajub Haschini. Das Nachbarland hatte am Samstag tausende Soldaten in Alarmbereitschaft versetzt, um zu verhindern, dass Taliban-Anhänger die Grenze überschreiten und die Wahl stören.
Bereits am Samstag konnten Polizei und Streitkräfte nach eigenen Angaben vier geplante Bombenanschläge vereiteln, darunter einen auf einen großen Staudamm. Eine Zerstörung des Damms hätte mehrere tausend Menschen das Leben kosten können.
"Historisch"
Präsident Hamid Karsai bezeichnete die Abstimmung dennoch als historischen Schritt und sprach von einem "Tag der Selbstbestimmung für das afghanische Volk". "Nach 30 Jahren Krieg, Interventionen, Besetzung und Elend bewegt sich Afghanistan heute vorwärts", sagte Karsai bei der Stimmabgabe in Kabul. Die Parlamentswahl ist der letzte Schritt des im Dezember 2001 auf dem Petersberg bei Bonn beschlossenen Prozesses für den Übergang Afghanistans zur Demokratie. Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatten die Afghanen in der ersten freien Präsidentschaftswahl Karsai zum Staatsoberhaupt gewählt.
Aus Sicherheitsgründen seien einige Wahllokale am Sonntag erst mit Verspätung geöffnet worden, sagte Wahlleiter Peter Erben. Angesichts der großen Anzahl von Kandidaten und entsprechend umfangreichen Stimmzetteln ließen sich lange Wartezeiten kaum vermeiden. Die Parlamentswahl ist keine Listen-, sondern eine reine Personenwahl, alle Kandidaten eines Wahlkreises sind daher einzeln mit Namen und Foto auf den Stimmzetteln aufgeführt. Für die Parlamentswahl haben sich 12,4 Millionen Stimmberechtigte registrieren lassen. Um die insgesamt 249 Parlamentssitze bewerben sich rund 2760 Kandidaten, darunter 328 Frauen. Neben der Abgeordnetenkammer der Nationalversammlung, genannt Wolesi Dschirga ("Haus des Volkes"), werden auch 34 Provinzräte gewählt.
Trotz der vielen Angriffe wurde eine rege Wahlbeteiligung festgestellt. Die Wahllokale sollten um 13.30 Uhr MESZ schließen. Vorläufige Ergebnisse werden am 10. Oktober erwartet, das endgültige Resultat am 22. Oktober. (mas)