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Politik

Merkel will Sorgen ernst nehmen

12. September 2018

Traditionell geht es hoch her bei der Generaldebatte im Bundestag. Doch Kanzlerin Merkel wollte das Spiel der AfD nicht mitspielen, das Erregungsniveau hochzuhalten. Das besorgte der SPD-Politiker Schulz.

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Bild: Reuters/H. Hanschke

"Misthaufen der Geschichte" - Schulz attackiert AfD und Gauland scharf

Bei der Generaldebatte im Bundestag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bedeutung des Grundgesetzes für das Zusammenleben in Deutschland hervorgehoben. In einer betont sachlichen Rede sagte sie, die Regeln des Grundgesetzes seien das "Fundament unseres Rechtsstaates". Um diesen zu garantieren, werde im Haushalt 2019 mehr Geld für Sicherheit und Sozialleistungen bereitgestellt.  Als Beispiel nannte sie die Erhöhung des Kindergeldes, aber auch die Bereinigung der kalten Progression zur Beseitigung von Steuer-Ungerechtigkeiten. Auch das Thema "bezahlbarer Wohnraum" sei entscheidend für das Zusammenleben. Man müsse den Menschen das Gefühl geben, dass die aktuellen Herausforderungen von der Bundesregierung angenommen werden und dass die Sorgen der Bürger nicht ignoriert werden.

Der Etat des Kanzleramtes in der Haushaltswoche des Bundestages ist traditionell Anlass für einen Schlagabtausch zwischen Opposition und Regierungsparteien über die Grundlinien der Politik. 

Außenpolitisch schloss die Kanzlerin eine Beteiligung der Bundeswehr im Syrien-Konflikt abermals nicht aus. Ziel der Bundesregierung sei immer, eine politische Lösung herbeizuführen. Man könne aber nicht wegsehen, wenn etwa Chemiewaffen eingesetzt würden. "Von vornherein einfach 'nein' zu sagen, egal was auf der Welt passiert, das kann nicht unsere Haltung sein", sagte die CDU-Vorsitzende mit Blick auf den Koalitionspartner SPD, der einem Militäreinsatz ablehnt - wie SPD Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles in der Debatte bestätigte

 Eine gemeinsame europäische Lösung der Migrationsfrage ist nach ihrer Ansicht entscheidend für
die Zukunft der Europäischen Union. "Da haben wir noch keine Lösung gefunden", sagte sie. Die Herausforderung sei noch größer als die der Finanz- und Eurokrise, die vor zehn Jahren ausgebrochen war. Zur Bekämpfung der Fluchtursachen forderte die Kanzlerin mehr Investitionen in Afrika. 

Streit um Chemnitz

Merkel ging in ihrer Rede auch auf die Vorgänge in Chemnitz ein: Sie zeigte einerseits Verständnis für empörte Bürger, die nach der tödlichen Messerattacke auf einen 35-Jährigen in der sächsischen Stadt protestiert hatten. Gleichzeitig betonte sie aber, dass diese Emotionen keine "Entschuldigung für menschenverachtende Demonstrationen" sein könnten. "Wir werden nicht zulassen, dass klammheimlich ganze Gruppen in unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden." Dies gelte für Juden und Muslime genauso wie für Atheisten.

Zuvor hatte der Fraktionschef der rechtspopulistischen AfD, Alexander Gauland, in seiner Eingangsrede, abermals die Migration als Hauptproblem Deutschlands bezeichnet. Er zählte dazu Straftaten von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf. Merkel warf er vor, die "Fakenews" verbreitet zu haben, in Chemnitz sei es zu Hetzjagden gekommen. Tatsächlich habe es unter den Demonstranten in Chemnitz lediglich "ein paar aggressive Hohlköpfe gegeben", sagte Gauland. "Es handelte sich um eine Minderheit."

Schulz: "Mittel des Faschismus"

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Schulz wünscht Gauland auf den "Müllhaufen der Geschichte"Bild: Reuters/H. Hanschke

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Schulz warf Gauland daraufhin vor, er bediene sich in seinen Reden der tradierten rhetorischen "Mittel des Faschismus". Der frühere SPD-Kanzlerkandidat sagte, Gauland reduziere komplexe Sachverhalte auf ein einziges Thema, die Migration. "Die Art der Rede, die wir hier gehört haben, die Eindimensionalität komplexer Strukturen im 21. Jahrhundert, die Reduzierung auf ein einziges Thema – das ist ein Stilmittel, das bekannt ist. Das wird kombiniert mit Aussagen wie 'Das 1000-jährige Reich sei ein Vogelschiss'." Vielmehr gehöre Gauland auf den "Misthaufen der Geschichte".

FDP-Fraktionschef Christian Lindner rief die anderen Parteien zur Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik auf, um der Politik der AfD zu begegnen. Die "staatstragenden Parteien der Mitte" müssten sich zusammentun, um einen "Migrations- und Integrationskonsens" in Bundestag und Bundesrat zu erzielen. "Das wäre das Mittel, um die da kleinzumachen", sagte Lindner mit Blick auf die AfD-Fraktion. Der Bundesregierung warf Lindner vor, trotz sprudelnder Steuereinnahmen und Rekordbeschäftigung die Zukunft nicht zu gestalten. Der Entwurf des Bundeshaushalts für 2019 sei ein Haushalt der verpassten Chancen.

mm/ww (Bundestag live, dpa, afp ,rtr, DW)