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Geheimdienstkommission prüft Klage

29. Juli 2015

Die Geheimdienst-Kommission des Bundestags erwägt offenbar eine Verfassungsklage, um sich Zugriff auf die umstrittene Spähliste mit Suchbegriffen des US-Nachrichtendienstes NSA zu verschaffen.

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Gebäude des Bundesverfassungsgerichts BVG in Karlsruhe (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die G-10-Kontrollkommission des Bundestages prüft Medienberichten zufolge eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, um Einsicht in die vom US-Geheimdienst NSA an den Bundesnachrichtendienst (BND) übermittelten Selektorenlisten zu erzwingen. Juristen seien mit einer Prüfung beauftragt worden, ob die Kommission überhaupt klageberechtigt ist, berichtete der Rechercheverbund von "Süddeutscher Zeitung" und den öffentlich-rechtlichen Sendern NDR und WDR am Dienstag. Einen solchen Fall habe es bislang nicht gegeben. Die Bundesregierung hatte der Kommission verweigert, die Liste mit den Suchmerkmalen selbst einsehen zu dürfen. Mit einer Entscheidung über die Klage wird demnach Ende August in der nächsten Sitzung der G-10-Kommission gerechnet.

Ähnlich wie Grüne und Linkspartei, die auf Einsicht in die Listen klagen wollen, wollten sich auch die meisten Kommissionsmitglieder nicht mit einer Information durch den Sonderbeauftragten der Bundesregierung zufriedengeben, berichtete der Rechercheverbund unter Berufung auf G-10-Kreise. Das Kürzel G 10 steht für den Grundgesetzartikel 10, der das Fernmeldegeheimnis schützt. Ohne die Zustimmung der Kommission dürfen mutmaßliche Terroristen nicht überwacht werden.

Gestörtes Verhältnis

Die Bundesregierung hatte den ehemaligen Bundesrichter Kurt Graulich als Sonderbeauftragten ernannt, um für die Parlamentarier die NSA-Selektorenlisten zu sichten - also jene Suchparameter, die der US-Geheimdienst dem BND übermittelte. Graulich soll feststellen, in welchem Umfang der BND der NSA bei Spionage-Einsätzen gegen europäische Partnerländer half und ob dabei gegen Absprachen verstoßen wurde. Die Ergebnisse seiner Prüfung sollen den zuständigen Gremien zur Verfügung gestellt werden.

Der NSU-Untersuchungsausschuss, hier bei der Befragung des früheren BND-Chefs Ernst Uhrlau (Foto: dpa)
Der NSU-Untersuchungsausschuss, hier bei der Befragung des früheren BND-Chefs Ernst UhrlauBild: picture-alliance/dpa/S. Pilick

Die Oppositionsabgeordneten im NSA-Ausschuss lehnen dieses Vorgehen ebenso ab wie die Mehrheit der Mitglieder in der G-10-Kommission. Die zuständigen Abgeordneten müssten die Listen selbst sehen und könnten sich nicht auf einen Beauftragten verlassen, hieß es dem Bericht zufolge aus Kreisen der G-10-Kommission.

Das einst gute Verhältnis zwischen Regierung, Geheimdiensten und der G-10-Kommission gilt demnach als gestört, seit Mitglieder des Gremiums sich von der Regierung nicht vollständig informiert oder gar hintergangen fühlten. Sie klagen, sie seien in der Vergangenheit über den wahren Zweck von Überwachungsmaßnahmen nicht ausreichend informiert worden. Im Zusammenhang mit den Unstimmigkeiten wurde unlängst die Genehmigung einiger neuer Überwachungsmaßnahmen verzögert.

Angst vor der Stigmatisierung

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hatte laut "SZ", WDR und NDR vor einigen Wochen in einem als geheim eingestuften Brief die Vorsitzenden der G-10-Kommission, des NSA-Untersuchungsausschusses und des Parlamentarischen Kontrollgremiums über seine Gründe für die Verweigerung informiert. Demnach wäre eine Offenlegung des Selektorenprofils der NSA ohne Zustimmung der USA ein Verstoß gegen das "geltende Völkervertragsrecht". Deutschland werde dann wohl nicht nur von den USA, sondern womöglich auch von Drittstaaten insgesamt als unzuverlässiger Partner angesehen, dem besonders sensibles Material nicht mehr anvertraut werden könne.

stu/gmf (afp, dpa)