NSA hörte auch Außenminister Steinmeier ab
21. Juli 2015Der US-Geheimdienst NSA hat nach Medienberichten offenbar auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier systematisch abgehört. Das gehe aus neuen Dokumenten der Enthüllungsplattform Wikileaks hervor, berichten die "Süddeutsche Zeitung" sowie die Sender NDR und WDR.
Die neuen Unterlagen legten einen jahrelangen NSA-Lauschangriff auf das Auswärtige Amt nahe. Insgesamt seien 20 Telefonnummern aufgeführt, darunter meherere Anschlüsse, die Steinmeier zugeordnet wurden.
CIA-Entführungsflüge
Wikileaks dokumentiere auch das Abhörprotokoll eines Telefonats, das Steinmeier am 29. November 2005 führte, berichtet die "SZ". Mit wem er damals gesprochen habe, sei unklar. Pikantes Detail: Unmittelbar vor einer USA-Reise Steinmeiers hatten Medien über CIA-Entführungsflüge und -Gefängnisse in Europa berichtet.
Die Zusammenfassung des Gesprächs erweckt laut "SZ" den Eindruck, dass Steinmeier damit zufrieden war, von der US-Seite keine klaren Antworten zu der Angelegenheit erhalten zu haben: "Er schien erleichtert", heißt es demnach in dem Protokoll.
Welcher Fischer war es?
Möglicherweise stand auch Ex-Außenminister Joschka Fischer auf der Liste. Jedenfalls findet sich laut Zeitungsbericht ein Eintrag "Fischer". Ob es sich um eine alte Nummer Fischers handelt oder ob es um einen Namensvetter im Auswärtigen Amt ging, sei unklar.
In den vergangenen Wochen hatte Wikileaks bereits zahlreiche Spähziele der NSA im Kanzleramt und in Bundesministerien veröffentlicht. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte die Bundesregierung und die Geheimdienste nach den neuen Enthüllungen auf, dem Parlamentarischen Kontrollgremium zeitnah zu berichten.
Unangenehme Fragen erspart?
"Sie müssen sagen, was sie nun tun, um die Spionage aufzuklären und Schaden abzuwenden", forderte Ströbele. Außerdem müsse geklärt werden, ob Steinmeier "2006 tatsächlich nicht auf der Beantwortung von Fragen nach US-Rendition-Flügen über Deutschland bestanden" habe. Der Rechtsbegriff "Rendition" meint im Amerikanischen soviel wie "illegale Auslieferung".
Das Ausspionieren der ganzen Bundesregierung durch den US-Geheimdienst werde immer vollständiger belegt, so Ströbele. "Das Kanzleramt schweigt und tut nichts", erklärte der Politiker, der im Parlamentarischen Kontrollgremium zur Aufsicht über die Geheimdienste das dienstälteste Mitglied ist. "Weiteres Wegducken darf es nicht geben."
jj/qu (dpa, afp)