Schwede in China festgenommen
20. Januar 2016Die chinesische Führung geht rigide gegen Menschenrechtler vor - nun auch erstmals gegen einen Ausländer. Der 35-jährige Schwede Peter Dahlin wurde wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit" festgenommen, wie es offiziell heißt. Die Festnahme sei Teil eines Schlages gegen eine "illegale Organisation", bei der noch weitere Personen festgenommen wurden, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldet.
Dahlin wurde im Staatsfernsehen vorgeführt und gestand vor laufender Kamera, "chinesische Gesetze gebrochen" zu haben. Auch entschuldigte er sich in gestelztem Ton, "die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt zu haben". Seine Behandlung durch die Behörden bezeichnete Dahlin als "fair".
Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International verurteilt den Fernsehauftritt als "erzwungenes Geständnis". William Nee von Amnesty äußerte scharfe Kritik: "Es ist sehr beunruhigend, dass sie einfach jemand abholen können, ihn an einem geheimen Ort ohne Zugang zu einem Anwalt festhalten und dann diese Informationen über Staatsmedien verbreiten."
Festnahme kurz vor der Ausreise
Peter Dahlin war am 3. Januar verschwunden, kurz bevor er am Pekinger Flughafen aus China ausreisen wollte, um nach Thailand zu fliegen. Der Schwede arbeitet für die in Hongkong ansässige Nothilfegruppe "China Urgent Action Working Group". Die Organisation unterstützt Aktivisten und Anwälte, die gegen Menschenrechtsverletzungen vorgehen und sich für Rechtsstaatlichkeit in China einsetzen. Peking wirft der der Nothilfegruppe gesetzwidrige Tätigkeiten und die Annahme von Geldern aus dem Ausland vor.
Es heißt, Peter Dahlin stehe unter Hausarrest. Die Staatsagentur Xinhua schreibt, "anti-chinesische Kräfte" hätten ihn und andere eingeschleust, "um negative Informationen für gegen China gerichtete Zwecke und Verleumdungskampagnen zu sammeln".
"Dahlin gehe es den Umständen entsprechend gut", teilte die schwedische Botschaft in Peking mit. Diplomaten hätten den 35-Jährigen vergangenen Samstag besucht. Man arbeite "intensiv" an dem Fall.
Maßnahmen gegen Menschenrechtler neuer Normalzustand?
Die Europäische Union zeigt sich "tief besorgt" über die Entwicklung. "Wir werden dazu nicht schweigen", sagte EU-Botschafter Hans Dietmar Schweisgut. Europa hoffe, dass die aktuellen Maßnahmen gegen Menschenrechtler nicht der neue Normalzustand seien. "Aber wir sehen dies als sehr beunruhigenden Trend." Schweisgut forderte von China "volle Transparenz".
Zuvor hatte das Verschwinden von zwei Hongkonger Buchhändlern für Schlagzeilen gesorgt, die beide auch die Staatsbürgerschaft eines EU-Staates haben. Einer verschwand aus der früheren britischen Kronkolonie Hongkong, der andere aus Thailand. Beide Männer sind nun in China in Haft.
Sie sollen an einem Buch über das Liebesleben von Präsident Xi Jinping gearbeitet haben. Ihre Festnahme nährt den Verdacht, dass China inzwischen international gegen Dissidenten und Kritiker vorgeht.
Seit dem vergangenen Sommer hat die Führung in Peking verschärft Anwälte, Kanzleimitarbeiter und Menschenrechtsaktivisten im Visier. Mehr als 300 seien bisher festgenommen, in Gewahrsam gekommen oder verhört worden, berichtete eine Hongkonger Anwaltsvereinigung. Die Mehrheit sei zwar wieder auf freiem Fuß, doch würden mehr als 30 Regierungskritiker weiter festgehalten oder seien noch verschwunden.
AR/se (afp/AP/dpa/Reuters)