Gedenken an die Toten vom Maidan
20. Februar 2015"Der Kampf für das Recht, in einem echten europäischen Land zu leben, begann auf dem Maidan und hält bis heute im Donbass an", sagte Präsident Petro Poroschenko. Für das Blutbad vor einem Jahr, bei dem fast 100 Menschen von Scharfschützen auf dem zentralen Platz der Unabhängigkeit (Maidan) in Hauptstadt erschossen wurden, macht er Russland verantwortlich.
Tausende Ukrainer verharrten weinend und sich bekreuzigend vor den Fotos der Toten auf dem Maidan. Höhepunkt war am Freitagabend eine zentrale Gedenkfeier, an der auch der Staatschef teilnahm. "Diese Revolution war die erste und - was noch wichtiger ist - der erste erfolgreiche Kampf im Krieg für die Unabhängigkeit", erklärte Poroschenko. Russland warf er vor, weiterhin Panzer und Raketen in die Ostukraine zu schicken, um das Nachbarland unter seinem Einfluss zu halten.
Die Straße, in der die Demonstranten von Sicherheitskräften erschossen worden waren, wurde mit rotem Licht beleuchtet. Nach einer Schweigeminute stimmten die Menschen auf dem Maidan gemeinsam die Nationalhymne an, das Staatsorchester spielte Mozarts Requiem.
Den ganzen Tag schon hatten die Menschen in Kiew um die Toten getrauert. Sie legten Blumen nieder, nahmen an einer Andacht auf dem Maidan teil und sangen patriotische Lieder. In die Trauer mischte sich Wut darüber, dass auch ein Jahr nach der Gewalteskalation die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen worden sind.
Frieden in weiter Ferne
Die tödlichen Schüsse sollen Sicherheitskräfte des damaligen russlandtreuen Präsidenten Viktor Janukowitsch abgefeuert haben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert, die neue Regierung habe die Gewalt auf dem Maidan nie aufgeklärt. So gibt es auch Indizien, dass gewaltbereite Demonstranten geschossen haben könnten.
Die Gewalteskalation auf dem Maidan nach den monatelangen pro-westlichen Protesten hatte schließlich zum Sturz Janukowitschs geführt, der sich an diesem Samstag zum ersten Mal jährt. Doch der Machtwechsel brachte dem Land keine Ruhe. Die Ukraine wankt am Abgrund. Das Land ist zerrissen, die Wirtschaft ist am Boden, in den Krisen- und Kriegsgebieten im Osten herrscht eine humanitäre Katastrophe.
Am Sonntag gedenkt Präsident Poroschenko in Kiew mit ausländischen Gästen der Maidan-Proteste. Aus Deutschland reist Bundespräsident Joachim Gauck an, um "ein Zeichen der Solidarität mit der ukrainischen Demokratiebewegung zu setzen", wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte.
qu/rb (afp, dpa)