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Gauck: "Keine deutsche Identität ohne Auschwitz"

27. Januar 2015

Der Bundestag gedachte der Befreiung des deutschen Konzentrationslagers Auschwitz vor 70 Jahren. Am Ort der Verbrechen werden später rund 300 Überlebende sowie Staats- und Regierungschefs aus aller Welt erwartet.

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Bundespräsident Joachim Gauck am Rednerpult des Deutschen Bundestages (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/Michael Sohn

"Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz", erklärte Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Rede am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. "Die Erinnerung an den Holocaust bleibt eine Sache aller Bürger, die in Deutschland leben, er gehört zur Geschichte dieses Landes", sagte Gauck, und die Parlamentarier ebenso wie die Ehrengäste auf der Tribüne unterstrichen diese Worte mit zustimmendem Beifall.

Solange er lebe, werde er darunter leiden, "dass die deutsche Nation mit ihrer so achtenswerten Kultur zu den ungeheuerlichsten Menschheitsverbrechen fähig war", so der Bundespräsident. "Selbst eine überzeugende Deutung des schrecklichen Kulturbruchs wäre nicht imstande, mein Herz und meinen Verstand zur Ruhe zu bringen."

Die moralische Pflicht erfülle sich nicht nur im Erinnern, sagte Gauck. Aus diesem Erinnern ergebe sich auch ein Auftrag. "Er sagt uns: Schützt und bewahrt die Mitmenschlichkeit. Schützt und bewahrt die Rechte eines jeden Menschen." Dies gelte "gerade in Zeiten, in denen wir uns in Deutschland erneut auf das Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Religionen zu verständigen haben."

"Es ist ortlos, wo ich bin"

"Ich habe keinen Ort mehr auf der Welt. Es ist ortlos, wo ich bin." Diese Worte der Lyrikerin Nelly Sachs hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert zuvor in seiner Begrüßungsansprache zitiert. Die Schriftstellerin konnte sich im letzten Moment der bereits angeordneten Deportation entziehen und ins schwedische Exil fliehen.

Lammert sagte: "Wir gedenken der Entrechteten, Gequälten und Ermordeten: der europäischen Juden, der Sinti und Roma, der Zeugen Jehovas, der Millionen versklavter Slawen, der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, der Homosexuellen, der politischen Gefangenen, der Kranken und Behinderten, all derer, die die nationalsozialistische Ideologie zu Feinden erklärt und verfolgt hatte."

Zugleich gelte das Gedenken jenen, die - wie Nelly Sachs - vom Trauma des Überlebens gezeichnet seien. Lammert erinnerte auch an die Widerstandskämpfer im Dritten Reich, "die dafür selbst oft mit dem Leben bezahlen mussten".

Orte des Grauens

Wie kein anderer Ort stehe Auschwitz als Synonym für das, was Menschen Menschen antun können, so der Präsident des Deutschen Bundestages. Doch über diesen "Ort eines beispiellosen industrialisierten Völkermordes" vergesse man nicht die anderen Orte des Grauens.

Es sei eine bleibende Aufgabe, die Erinnerung auch unter den jüngeren Generationen wachzuhalten. Dieser 27. Januar als 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz könnte der letzte runde Jahrestag sein, der von Auschwitz-Überlebenden mitgestaltet wird.

Gedenken in Auschwitz

Am Nachmittag werden in Auschwitz rund 300 Überlebende sowie Staats- und Regierungschefs aus etwa 40 Ländern an die Opfer des Holocausts erinnern. Auch Bundespräsident Gauck wird nach Auschwitz reisen.

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von Soldaten der Roten Armee befreit. Dort hatten die Nationalsozialisten rund 1,1 Millionen Menschen ermordet. Insgesamt kamen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nazis etwa sechs Millionen Juden ums Leben.

jj/qu (dpa, afp)