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Politik

Gambia blickt nach vorn

Adrian Kriesch
5. Dezember 2016

22 Jahre regierte der Autokrat Jammeh Gambia. Jetzt wurde er abgewählt. DW-Korrespondent Adrian Kriesch über ein jubelndes Land, das in die Zukunft schauen will, aber gleichzeitig die Vergangenheit nicht vergessen kann.

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Gambias neuer Präsident Adama Barrow
Adama Barrow, Gambias gewählter PräsidentBild: Getty Images/AFP/M. Longari

Jaliba Kuyateh hat schon viel gesehen in seinem Leben. Ständig tourt der Musiker mit seiner berühmten Kora um die Welt. Aber einen Abend wie diesen hat er noch nicht erlebt - und schon gar nicht in seiner Heimat Gambia.

Es ist der Tag, nachdem das Unvorstellbare geschehen ist: Gestern erklärte die Wahlkommission Langzeitpräsident Yahya Jammeh für abgewählt. Tausende strömen zu Kuyatehs Konzert. Dann spielt er seinen neuen Song, ein Loblied auf die Opposition und den Wandel im Land. "Ich wusste, dass die Leute gut gelaunt waren", sagt Kuyateh später. "Wenn ich diesen Song spiele, flippen sie vor Freude aus, dachte ich mir." Doch die Begeisterungsstürme sind so groß, dass Kuyateh aus Sicherheitsgründen seine Kora einpacken muss.

Eine Generation, geprägt von Angst und Frust

Kuyateh musste oft um sein Leben fürchten in den letzten Jahren - und das nicht, weil sein Konzertpublikum über die Stränge schlug. Man habe ihm das Label "Oppositionsmusiker" aufgedrückt, beklagt er sich, obwohl das nicht stimme. "Was immer ich in dieser Zeit machen wollte, wurde mir schwer gemacht." Kritische Stimmen verschwinden unter Präsident Yahya Jammeh regelmäßig - häufig verschleppt von einer berüchtigten Polizeieinheit.

Koraspieler Jaliba Kuyateh aus Gambia
Jaliba Kuyateh feiert Wahlsieger Adama BarrowBild: DW/A. Kriesch

Tagelang wird gefeiert, nachdem bekannt wird, dass Oppositionskandidat Adama Barrow das Rennen gemacht hat - und Jammeh seine Niederlage eingeräumt hat. Weitgehend bleibt es friedlich. Doch der Frust nach 22 Jahren Repression sitzt tief. Es dauert nur wenige Minuten nach der Verkündung der Wahlergebnisse, bis im ganzen Land die Wahlplakate von Jammeh niedergerissen sind.

Versöhnung statt Vergeltung

Der gewählte Präsident Adama Barrow kündigt im DW-Interview an, eine Wahrheits- und Versöhnungskommission nach südafrikanischem Vorbild einsetzen zu wollen. "Sobald wir an der Macht sind, wird es Ermittlungen geben", sagt Barrow. "Es wird Gerechtigkeit für alle geben." Von der aktuellen Regierung fordert er die Freilassung der politischen Gefangenen. "Das wäre ein erster Schritt in Richtung Versöhnung. Noch vor ihrem Abschied könnten sie so ein wichtiges Zeichen setzen."

Geschäftsmann Anthony Tabbal aus Gambia
Geschäftsmann Anthony Tabbal ist optimistischBild: DW/A. Kriesch

Anthony Tabbal sitzt in seinem Restaurant "Green Mamba" auf der Touristenmeile von Kololi und ist eigentlich richtig gut gelaunt. Doch dann schaut er auf sein Smartphone und wird wütend. Er liest Hasstexte in den sozialen Medien, Beleidigungen und Mordaufrufe am Präsidenten. "Das sind starke Drohungen. Gegen den Präsidenten, seine Minister, seine Armee. Und die haben immer noch ihre Waffen", sagt der besorgte Geschäftsmann. Dabei sei genau jetzt die Zeit, nach vorne zu schauen.

Hoffnung auf Investoren und Entwicklungshilfe

"Hier scheint alles sogar besser zu laufen als bei den US-Wahlen", sagt der 46-Jährige. "Und das in unserem winzigen Land, das 22 Jahre von einem Diktator mit harter Hand geführt wurde." Tabbal ist fest davon überzeugt, dass es mit Gambia jetzt wirtschaftlich bergauf gehen wird, dass Investoren zurückkehren und wieder Entwicklungshilfegelder ins Land fließen werden. Viele Firmen und Nichtregierungsorganisationen hatten nach Jammehs Hasstiraden gegen Kritiker und Andersdenkende das Land verlassen. Schon länger plant Tabbal ein Apartmenthotel, gleich neben seinem Restaurant. Bisher habe die politische Lage Investoren abgeschreckt, sagt er. Jetzt, da ist er sich sicher, kann es bald losgehen.

Auch Musiker Jaliba Kuyateh ist optimistisch, dass ein friedlicher Regierungswechsel sein Land voranbringen und dessen Ruf wiederherstellen wird. Bei seinen Reisen trifft er immer Leute, die Gambia sofort mit einem Diktator verbinden. "Das ist mir sehr peinlich", sagt Kuyateh. "Aber jetzt hoffe ich, dass wir nach unserer Wahlentscheidung eher Anerkennung und Zuspruch bekommen werden."