Gabriel will Syrien-Gespräche unter UN-Dach
9. April 2017Gabriel kritisierte in einem Interview der "Bild am Sonntag" den Einsatz von Giftgas als "schweres Kriegsverbrechen" und als einen "Akt der Barbarei". Dahinter stecke das Regime von Syriens Präsident Baschar al-Assad. "Ich bin sicher, dass Assad über kurz oder lang für diese Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden wird. Assad hat seine Zukunft jedenfalls bereits hinter sich."
Am Dienstag waren nach einem syrischen Luftangriff auf Chan Scheichun mehr als 80 Menschen offensichtlich durch toxische Kampfstoffe getötet worden. Die syrische Regierung bestreitet, diese eingesetzt zu haben.
Die USA hatten in der Nacht auf Freitag als Reaktion auf den Giftgaseinsatz einen Militärstützpunkt der syrischen Armee angegriffen. Es war der erste direkte US-Angriff auf die syrische Armee. US-Präsident Donald Trump betonte gegenüber dem Kongress, Ziel sei es gewesen, die Fähigkeit des syrischen Militärs zu weiteren Chemiewaffenangriffen zu verringern und die syrische Führung davon abzuschrecken, ein weiteres Mal solche international geächteten Waffen einzusetzen.
"Das Gefühl der Menschen ist richtig"
Das Vorgehen Washingtons hat auch zu Spannungen zwischen den USA und Russland geführt, weil Moskau traditionell ein Verbündeter Syriens ist. In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" schrieb Gabriel, viele Menschen seien verunsichert und hätten Angst, dass es zu einem Krieg der beiden Großmächte kommen könnte. Er sei sich aber sicher, dass es zu einer solchen Eskalation der kriegerischen Gewalt nicht kommen werde. "Aber das Gefühl der Menschen ist richtig: Lange war die internationale Situation nicht so besorgniserregend wie in diesen Tagen."
Zugleich beklagte der Außenminister den Zustand der internationalen Diplomatie. "Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird durch Teile seiner Mitglieder entwertet, die eine Lösung blockieren und so für mehr Unsicherheit als für Sicherheit sorgen." Gabriel kündigte an, die Lage in Syrien mit seinen G7-Kollegen am Montag in Italien beraten zu wollen.
"Kühlen Kopf" bewahren
Wichtig sei es, das "alle Seiten einen kühlen Kopf bewahren. Was wir nicht brauchen, ist eine weitere Eskalation" warnte der Bundesaußenminister. Er betonte, ohne Russland werde es keine Lösung des Konflikts geben und er zeigte sich zuversichtlich, dass es in Moskau ein Umdenken geben könne. "Mein Eindruck ist nicht, dass Russland für alle Ewigkeit seine schützende Hand über Assad halten wird," sagte Gabriel.
Der britische Außenminister Boris Johnson sagte wegen der jüngsten Entwicklungen in Syrien eine für Montag geplante Moskaureise ab. In einer Mitteilung kritisierte er zugleich die unveränderte Unterstützung Assads durch Russland. "Die Entwicklungen in Syrien haben die Lage grundlegend verändert", sagte Johnson. Moskau reagierte mit Unverständnis auf die Äußerungen des britischen Außenministers. Dabei will er auch seine Solidarität mit den Kopten zum Ausdruck bringen.
haz/qu (dpa, rtr, afp)