Historischer Besuch im Iran
19. Juli 2015Nach der Atom-Einigung mit dem Iran am vergangenen Dienstag besucht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel als erster westlicher Spitzenpolitiker Teheran. Der SPD-Politiker traf am Sonntag mit einer Wirtschaftsdelegation in der iranischen Hauptstadt ein. Der Vize-Kanzler betonte, dass es ihm bei dem dreitägigen Aufenthalt nicht nur um die von der deutschen Wirtschaft erhofften Milliardengeschäfte geht. "Das wichtigste Signal ist: Sich auf friedlichem Wege zu verständigen, auf den Bau von Atomwaffen zu verzichten, lohnt sich für alle Seiten - auch für den Iran." Er wolle auch über Menschenrechte, Öffnung der Gesellschaft, Meinungsfreiheit und Demokratisierung sprechen. "Der Schritt zu dem Atomabkommen ist ein großer Schritt." Es müssten aber weitere folgen.
Deutsches Angebot: Vermittler zwischen Iran und Israel
Zur Entspannung der Beziehungen zwischen dem Iran und Israel bot Gabriel eine deutsche Vermittlerrolle an. Zum Auftakt seines Besuchs vereidigte Gabriel das Existenzrecht Israels, das von Teheran angezweifelt wird. "Für Deutschland muss klar sein: Wer immer mit uns nachhaltige Beziehungen hat, der kann nicht das Existenzrecht Israels politisch infrage stellen", sagte er kurz nach der Ankunft in Teheran. Israel fühlt sich vom Iran massiv bedroht und lehnt auch das am Dienstag geschlossene Atom-Abkommen mit Teheran ab.
Am Montag will Gabriel Präsident Hassan Rohani sowie mehrere Minister treffen, um die Möglichkeiten für einen raschen Ausbau der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu sondieren.
Gabriel ist das erste Kabinettsmitglied seit 13 Jahren, das den Iran besucht. Zuletzt war Ex-Finanzminister Hans Eichel 2002 in Teheran. Ein Jahr später begann der Streit über das Nuklearprogramm der Islamischen Republik und damit eine politische Eiszeit nicht nur in den deutsch-iranischen Beziehungen. Vor seinem Abflug aus Berlin sagte Gabriel, das Atom-Abkommen von Wien habe die Basis für die Normalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Iran geschaffen. Doch müsste die Islamische Republik jetzt die in der Vereinbarung vorgesehenen Schritte umsetzen.
Mehr deutsche Produkte in den Iran
Nach der Vereinbarung eines zivilen Atomprogramms für den Iran, hoffen deutsche Unternehmen auf Milliardengeschäfte. Die Einigung im Atomstreit sei nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich ein bedeutender Wendepunkt, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. Wichtig sei es, bereits abgeschlossene Geschäfte zu sichern, für den Fall, dass der Iran gegen Auflagen verstößt und die Sanktionen wieder in Kraft gesetzt werden.
Der DIHK geht davon aus, dass die deutschen Exporte in den Iran binnen vier Jahren von rund 2,4 Milliarden in 2014 auf zehn Milliarden Euro erhöht werden können. Deutschland war früher wichtigster Warenlieferant für den Iran, wurde 2007 aber von China abgelöst. Die Sanktionen haben die deutschen Exporte einbrechen lassen. 2014 bezog der Iran mehr als zwei Drittel seiner Importe aus Asien und nur noch deutlich weniger als ein Drittel aus Europa.
Gabriel will zwischen dem Iran und Israel vermitteln
Irans Präsident Rohani hatte nach der Einigung verkündet, dies werde erst der Anfang einer neuen Ära der Zusammenarbeit sein - mit dem Westen, aber auch mit den USA, besonders im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, hat aber noch immer kein Vertrauen zu den USA. "Auch nach dieser Vereinbarung wird sich unsere Politik gegenüber den arroganten USA nicht ändern", sagte Chamenei am Samstag in Teheran. Die USA und Iran verfolgten völlig gegensätzliche politische Interessen in der Region, sagte er in einer Rede zum Ende des Fastenmonats Ramadan. Der Iran werde die Unterstützung für "seine Freunde in der Region" wie die Palästinenser und die Menschen im Jemen, Irak, Libanon, in Syrien und Bahrain niemals stoppen, so Chamenei.
Die Atomvereinbarung von Wien verbietet dem Iran den Bau von Nuklearwaffen. Atomanlagen darf das Land ausschließlich für zivile Zwecke nutzen Im Gegenzug sollen die Wirtschaftssanktionen gegen das Land schrittweise aufgehoben werden.
nem/qu (dpa, rtr)