G8-Gipfel beginnt mit Krawallen
6. Juli 2005Unerwartet heftige Ausschreitungen von Globalisierungsgegnern hatten die schottische Polizei am Mittwoch (6.7.2005) zeitweilig zu der Überlegung veranlasst, die einzige bislang zugelassene Demonstration gegen den G8-Gipfel in Gleneagles zu verbieten. Es seien zu viele Anarchisten unterwegs, um einen friedlichen Verlauf der Demonstration garantieren zu können, hieß es zur Begründung.
Zuvor hatten mehrere gewalttätige Ausschreitungen im rund 70 Kilometer entfernten Edinburgh, im rund 15 Kilometer entfernten Städtchen Stirling und in der nahe gelegenen Gemeinde Auchterarder zu über 100 Festnahmen geführt. Die Demonstration - ein Zug von rund 5.000 Teilnehmern vom Bahnhof Gleneagles bis zum rund acht Kilomerter langen Metallzaun, der das Luxusanwesen Gleneagles umgibt, fand dann doch statt, wobei es erneut zu Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften kam, als etwa 500 Demonstranten die Umzäunung zu durchbrechen versuchten.
Ölpreis als Gipfelthema
Auf den Arbeitssitzungen der acht Staats- und Regierungschefs, die erst am Donnerstag (7.7.2005) beginnen, wird die Weltwirtschaft eher eine untergeordnete Rolle spielen. Die Gipfelteilnehmer sehen sie in einer recht robusten Verfassung, obwohl es große regionale Ungleichgewichte gibt: Daneben gibt es Themen, die stark an das allererste Gipfeltreffen 1975 auf Schloss Ramboulliet in Frankreich erinnern - auch damals ging es um den hohen Ölpreis und die drohenden Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten.
Letzteren wollte Bundeskanzler Gerhard Schröder im Vorfeld des Gipfels zu Leibe rücken und vor allem die unberechenbare Rolle der Hedgefonds zur Sprache bringen. Doch inzwischen hat die Bundesregierung zurückgerudert. Der Kanzler erwartet nicht, dass es in den Schlussdokumenten von Gleneagles eine Erklärung zu den Hedgefonds geben wird. Schließlich hat die Bundesregierung gerade erst vor zwei Jahren die Hedgefonds in Deutschland zugelassen. Der Kanzler will nur auf Fehlentwicklungen hinweisen und fordert mehr Transparenz und eine Harmonisierung der Regeln und Instrumente zur Beobachtung und Kontrolle dieser Fonds.
Schuldenerlass für Afrika
Der Schuldenerlass, den die Finanzminister der G8 für die ärmsten Länder der Welt beschlossen haben, wird von den Chefs in Gleneagles endgültig abgesegnet und verkündet werden. "Ich bin stolz, dass wir jetzt weitermachen, was wir 1999 in Köln als Entschuldung der Ärmsten der Armen begonnen haben", sagte Bundeskanzler Schröder dazu auf dem Flug nach Gleneagles. Die Summe der seit dem G8-Gipfel 1999 in Köln erlassenen Schulden addiert sich damit auf 104 Milliarden Dollar, und davon profitieren 18 Länder, allein 14 davon südlich der Sahara.
Deutschland unterstützt zudem den Gastgeber in Gleneagles, Tony Blair, der Afrika zum Schwerpunkt dieses Gipfels gemacht hat. Fraglich ist allerdings, ob der Vorschlag des britischen Premierministers, die Entwicklungshilfe von 25 auf 50 Milliarden Dollar zu verdoppeln, in Gleneagles eine Mehrheit finden wird.
Debatte über Sinn von Entwicklungshilfe
Unter Experten ist ein Streit ausgebrochen, ob die Entwicklungsländer solche Summen überhaupt absorbieren und in sinnvolle Projekte umsetzen können, oder ob dieses Geld nicht eine Nehmermentalität fördert und in den Taschen korrupter Eliten versickert. Zudem ist man sich über die Frage der Finanzierung noch nicht einig.
Beim Klimaschutz wird es in Gleneagles wenig Bewegung geben. Die USA weigern sich nach wie vor, dem Kyoto-Protokoll beizutreten. An der Abschlusserklärung zu diesem Thema wird wohl bis zum Freitag (8.7.2005) gefeilt.
Zu Gast bei den Staats- und Regierungschefs in Gleneagles sind am Donnerstag auch die so genannnten Outreach-Staaten Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika, die teilweise höhere Wachstumsraten als die "alten" Volkswirtschaften aufweisen. Auch sie sollen zu mehr Kohlendioxid-Einsparungen ermuntert werden. Denn die Schwellenländer werden immerhin für 45 Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich gemacht.