G8-Gipfel hat sich viel vorgenommen
5. Juli 2005Für Bundeskanzler Gerhard Schröder ist es wohl die letzte Gelegenheit, das Gefühl zu haben, zu den Großen dieser Welt zu gehören. Zumal das Treffen in der einsamen Gegend von Gleneagles das mit Abstand aufwändigste und teuerste Politikertreffen ist, dass Großbritannien je erlebt hat. Auch wenn sich die menschenleere, aber traumhaft schöne Gegend in den schottischen Highlands vergleichsweise einfach abschirmen lässt, werden die Kosten für den Gipfel trotzdem auf umgerechnet 140 Millionen Euro geschätzt.
Geht es aber nach dem Gastgeber, dem britischen Premierminister Tony Blair, ist das Geld gut angelegt. Er hat zwei hehre Ziele ganz oben auf die Agenda gesetzt: Den Klimaschutz und Hilfen für Afrika. Besonders Afrika hat es Tony Blair angetan. "Ich glaube, wir haben den gemeinsamen Wunsch, dass diesem geplagten Kontinent geholfen wird, die Armut und Unterentwicklung zu überwinden, die für viele seiner Menschen bittere Realität ist", sagte der Premier nach einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush vor vier Wochen in Washington.
Schuldenerlass für Reformen
Kurz zuvor hatten sich die Finanzminister der G8-Staaten darauf geeinigt, den 40 ärmsten Staaten der Welt ihre Schulden von rund 55 Milliarden US-Dollar bei internationalen Institutionen wie der Weltbank vollständig zu erlassen. US-Präsident Bush stimmte Blair zu: "Wir sind uns einig, dass tief verschuldete Staaten, die den Weg von Reformen eingeschlagen haben, nicht von ihrer Schuldenlast erdrückt werden dürfen. Unsere beiden Länder werden deshalb der G8 einen Vorschlag machen, wie man diesen Ländern 100 Prozent ihrer Schulden erlassen kann." Dies solle mit zusätzlichen Mitteln geschehen, so dass die Weltbank und die afrikanische Entwicklungsbank nicht geschwächt werden, sagte Bush.
Beim zweiten Teil von Blairs Initiative, einem "Marshall-Plan für Afrika", gehen die Meinungen schon weiter auseinander: London will eine sofortige Verdoppelung der Entwicklungshilfe von jährlich 50 Milliarden Dollar. Dem will der US-Präsident in dieser Form nicht zustimmen, und auch die deutsche Regierung steht diesem Plan skeptisch gegenüber. Der erweiterte Schuldenerlass - begonnen wurde er auf dem G8-Gipfel vor sechs Jahren in Köln - wird aber von der deutschen Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul ausdrücklich begrüßt. Der Schuldenerlass - auch schon die bisher erlassenen Schulden - habe dazu geführt, dass Entwicklungsländer ihre Ausgaben für die Schulbildung von Kindern, für die Bekämpfung von Krankheiten wie etwa AIDS deutlich erhöht hätten, sagte Wieczorek-Zeul.
Umstrittener Klimaschutz
Beim zweiten großen Gipfelthema, dem Klimaschutz, droht ein handfester Streit zwischen Blair und Bush. Denn die US-Regierung hat sich bisher geweigert, einen Zusammenhang zwischen der Erderwärmung und dem Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid anzuerkennen.
Angesichts dieser beiden großen Themenkreise wird die Lage der Weltwirtschaft eher am Rande eine Rolle spielen. Dennoch will Bundeskanzler Gerhard Schröder mit Blick auf die jüngsten Rekordpreise beim Erdöl erneut versuchen, eine Initiative der G8 für mehr Transparenz an den Ölmärkten ins Leben zu rufen. Der Kanzler will damit die preistreibende Spekulation eindämmen. Zudem will Schröder auf globale Mindeststandards bei den hochspekulativen Hedge-Fonds drängen. Das eher kurzfristig angelegte Engagement einiger Hedge-Fonds in Deutschland habe in der jüngeren Vergangenheit zu Recht Fragen aufgeworfen, sagte Schröder. Er werde sich deshalb auf dem G8-Gipfel dafür aussprechen, international einheitliche Mindeststandards für Hedge-Fonds zu definieren.
Mit am Tisch im edlen Tagungsort von Gleneagles wird auch der chinesische Staatspräsident Hu Jintao sitzen. Sein Land kann mit der Wirtschaftskraft einiger der G8-Staaten längst mithalten - und spielt in der Weltwirtschaft mittlerweile eine entscheidende Rolle. Und so dürfte es nicht mehr lange dauern, bis aus den G8 bald die G9 werden.