G7-Gipfel in Italien: Ukraine bekommt 50 Milliarden Dollar
13. Juni 2024Beim Gipfel der G7 in Borgo Egnazia haben die Staats- und Regierungschefs EU der Ukraine neue Hilfen in ihrem Abwehrkampf gegen den Angreifer Russland zugesichert. Fast ein Jahr lang berieten die sieben westlichen Staaten darüber, wie Erträge aus im Ausland eingefrorenem russischen Staatsvermögen zur Finanzierung der Ukraine genutzt werden sollen.
Jetzt sei eine politische Einigung gelungen, verkündeten der Ratspräsident der Europäischen Union, Charles Michel, und weitere Vertreter der teilnehmenden Staaten. Technische Details müssen aber noch geklärt werden.
50 Milliarden US-Dollar soll die Ukraine bis zum Ende des Jahres als Kredit erhalten, um damit Waffen kaufen und den Staatshaushalt finanzieren zu können. Die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Japans, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, die italienische Gastgeberin sowie Vertreter der EU wollen den Kredit mit den jährlichen Erträgen aus dem russischen Vermögen garantieren.
Die Erträge aus den rund 230 Milliarden Euro Vermögen, das bei einer Vermögensverwaltung in Belgien liegt, bringen jedes Jahr fünf Milliarden Euro ein. Dieses Geld soll als Sicherheit genutzt werden, um Zinsen sowie Tilgung zu finanzieren.
Langfristige Hilfen für die Ukraine
Die USA hatten, wie auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, auf eine Beschlagnahme des russischen Geldes gedrängt. Darauf wollten sich die Europäer aber nicht einlassen, weil sie Vertrauensverluste in den europäischen Anlagemarkt fürchteten. Außerdem war bis zuletzt umstritten, wer zahlen sollte, wenn die Erträge aus russischem Vermögen nicht wie erwartet, fließen sollten.
Präsident Selenskyj, der am Donnerstag aus Saudi-Arabien kommend am G7-Gipfelhotel im süditalienischen Apulien eintraf, erklärte, die G7 treffe sehr wichtige Entscheidungen. In dieser Woche gibt es eine ganze Reihe von internationalen Konferenzen, die Waffen und Finanzhilfen für die Ukraine und ihren Wiederaufbau bringen sollen.
Selenskyj unterschrieb am Rande des Gipfels zwei zehn Jahre währende bilaterale Sicherheitsabkommen, eines mit Japan und ein weiteres mit den USA. US-Präsident Joe Biden will mit dem Abkommen die Hilfe für Ukraine verstetigen und planbarer machen. Von US-Diplomaten hieß es, das Abkommen sei auch eine Art Rückversicherung, falls im Herbst der Ukraine-kritische Donald Trump wieder ins Weiße Haus gewählt werden sollte.
Italiens Regierungschefin Meloni will Afrika zum Schwerpunkt machen
Neben den Krisenherden Ukraine und Nahost beschäftigte die G7-Chefs auch eine bessere Zusammenarbeit mit Afrika. Die italienische Vorsitzende der G7, die rechtsnationalistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, hatte Afrika einmal mehr ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt.
Meloni sagte, man brauche verlässliche Lieferketten für Rohstoffe, Energie und andere Produkte aus dem Nachbarkontinent. Man wolle allerdings Partner sein und nicht bevormunden. Deshalb hatte Meloni eine Reihe afrikanischer Staats- und Regierungschefs nach Borgo Egnazia eingeladen, um auf "Augenhöhe" zu diskutieren.
Die G7 verspricht mehr Investitionen in Zukunftsbranchen in Afrika. Italien hat einen neuen Plan dafür vorgelegt, der nach dem Gründer des italienischen Ölkonzern Eni, Enrico Mattei, benannt ist.
Der "Mattei-Plan" zielt auf Projekte zur Energieerzeugung in Afrika ab. Italien soll als Verteiler, als Brücke zwischen Afrika und Europa wirken. Geplant sind zahlreiche Projekt zur Ernährungssicherheit und zur Bildungsförderung.
Anfänglich ist diese neue Initiative mit acht Milliarden Euro ausgestattet, was Kritiker bereits als zu geringfügig bezeichnet haben. Giorgia Meloni will nun die G7-Partner ins Boot holen, um dem "Mattei-Plan" mehr Gewicht zu geben.
Ähnliche Initiativen hatte es in den vergangenen Jahren schon von Frankreich und Deutschland während derer G7-Präsidentschaften gegeben. Parallel dazu existiert auch der "Global gateway"-Plan der Europäischen Union, der in Konkurrenz zu China und Russland afrikanische Partner mit Investitionsangeboten ansprechen soll.
Kenias Staatschef William Ruto fordert Umschuldung
Der Präsident Kenias, William Ruto, der am Gipfel in Italien zeitweise teilnimmt, hat die G7 aufgefordert, mehr "Solidarität mit Afrika zu demonstrieren". Er drängt auf einen partiellen Schuldenerlass sowie die Umstrukturierung der Staatsschulden afrikanischer Länder.
Die Finanzierung der Entwicklung Afrikas müsse langfristiger aufgestellt werden, so Ruto. Dazu gehöre auch eine bessere finanzielle Ausstattung der Afrikanischen Entwicklungsbank und die Zuteilung von mehr Krediten des Internationalen Währungsfonds (IWF). Ob sich die G7-Staaten darauf einlassen werden, ist noch nicht klar.
Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, vertritt die Europäische Union beim G7-Treffen. Der Belgier zeigte Verständnis für die Forderungen der afrikanischen Partner. Es sei an der Zeit, mehr "Fairness" walten zu lassen und offen über die Fragen des Multilateralismus zu sprechen. Die Herausforderungen durch die sehr junge Bevölkerung, die Folgen des Klimawandels und der immer noch großen Armut seien gewaltig.
"Die Staaten auf dem afrikanischen Kontinent müssen in Telekommunikation, Infrastruktur und Energieversorgung investieren.(…) Sie brauchen besseren Zugang zu Kapital. Wir müssen auf ihrer Seite sein. Wir müssen Partnerschaften auf der Basis von Vertrauen, gegenseitigem Respekt und Zuversicht begründen."
Meloni will Migration aus Afrika begrenzen
Das heikle Thema Migration wollen die G7 am Freitag ebenfalls mit ihren afrikanischen Gästen besprechen. Die italienische Ratspräsidentin Giorgia Meloni will die Zuwanderung möglichst begrenzen und Asylverfahren an Drittstaaten wie Tunesien oder Albanien auslagern.
Die EU bietet für das Zurückhalten von Migranten in Transit- und Herkunftsländern im Gegenzug Wirtschaftshilfe an. Meloni, die seit 2022 eine rechtsnationale Koalition in Italien anführt, sagte, die G7 seien aber per se keine "Festung", sondern offen für die Welt und böten ihre Werte an.
Die italienische Ministerpräsidentin hatte den Gipfel der G7 nach Apulien gelegt, weil der "Stiefelabsatz" Italiens Jahrhundertelang eine Brücke zwischen Nord und Süd war. Migration war hier aus allen Teilen des Mittelmeerraums stets an der Tagesordnung.