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Für Deutschland geht die Fußball-Party weiter

30. Juni 2006

Spannung bis zur letzten Minute: Nachdem Argentinien zunächst mit einem Tor in der 49. Minute vorn lag, konnte die deutsche Mannschaft in der 80. Minute aufholen. Zum entscheidenden Tor kam es erst beim Elfmeterschießen.

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Fanmeile in Berlin: Begeisterung kannte keine GrenzenBild: AP
WM 2006 Viertelfinale Deutschland Argentinien Spielszene
Argentiniens Roberto Ayala (2) bringt sein Mannschaft in FührungBild: AP

Die deutsche Nationalmannschaft steht bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Halbfinale. Die Elf von Bundestrainer Jürgen Klinsmann gewann am Freitag (30.6.2006) in Berlin gegen Titelfavorit Argentinien im Elfmeterschießen mit 4:2 (1:1, 0:0). Vor 72.000 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion hatte Abwehrspieler Roberto Ayala die Südamerikaner per Kopfball in Führung gebracht, ehe Miroslav Klose mit seinem zehnten WM-Treffer (80.) für den Ausgleich sorgte und die Verlängerung erzwang.

Lehmann neuer Nationalheld

Nach torlosen 30 Minuten avancierte Torwart Jens Lehmann zum Helden, als er die Elfmeter von Ayala und Esteban Cambiasso parierte. Für die DFB-Elf trafen Oliver Neuville, Michael Ballack, Lukas Podolski und Tim Borowski. Im Halbfinale trifft der WM-Gastgeber nun am Dienstag (11.7.) in Dortmund auf den Sieger des Spiels zwischen Italien und der Ukraine.

Ende der schwarzen Serie

Mit dem Sieg beendete die deutsche Mannschaft zugleich eine schier unendliche schwarze Serie. Seit dem 7. Oktober 2000 und einem Sieg in Wembley gegen England (1:0) hatte sie in den 16 darauf folgenden Partien gegen keinen der so genannten Großen gewinnen können. Bei der 16. Teilnahme an einer WM-Endrunde steht eine Mannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zum 11. Mal unter den besten Vier.

Gegentreffer als Adrenalinspritze

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Miroslav Klose (11) schießt in der zweiten Halbzeit das AusgleichstorBild: AP

Erstaunlicherweise wirkte ausgerechnet der frühe Gegentreffer gleich nach der Pause wie Wachmacher auf die deutsche Mannschaft. Der Druck auf die Argentinier wurde nach einem allzu zaghaften Auftreten in der ersten Halbzeit immer größer, auch wenn dabei keine großen Chancen heraussprangen. Schließlich war der bis dahin abgetauchte Klose nach einer Flanke von Michael Ballack, der sich auf Grund einer Verletzung am Ende nur noch über die Runden schleppte, und einer Kopfballverlängerung von Miroslav Klose dann doch noch rechtzeitig mit dem Kopf zur Stelle.

Voreilige Entscheidung

Viel hätte nicht gefehlt, und das Spiel wäre kurz vorher schon entschieden gewesen. Nach einem kapitalen Schnitzer von Philipp Lahm verfehlte Maxi Rodriguez, der Argentinien beim 2:1 nach Verlängerung gegen Mexiko mit seinem herrlichen Volleytor ins Viertelfinale geschossen hatte, mit einem wuchtigen Schuss das Außennetz. Kurz darauf nahm Trainer José Pekerman erstaunlicherweise Riquelme vom Feld, um die knappe Führung zu verteidigen. Eine voreilige Entscheidung, denn danach war die große Linie im Spiel des zweimaligen Weltmeisters dahin.

Gedanklich unterlegene DFB-Elf

Die "Albiceleste" war vor allem in der ersten Halbzeit klar überlegen, hatte mehr vom Spiel und drückte die DFB-Auswahl in die eigene Hälfte. Die deutsche Elf tat sich wesentlich schwerer als in den ersten vier Spielen, auch gedanklich waren die DFB-Akteure langsamer als die cleveren und ballsicheren Argentinier. Der Weltmeister von 1978 und 1986 konnte bis in die deutsche Hälfte hinein sein Spiel in Ruhe aufziehen. In Strafraumnähe fiel der "Albiceleste" dann allerdings nicht mehr viel ein, die deutsche Hintermannschaft stand zunächst gut.

Viele Fehlpässe

Im Spiel nach vorne ging bei der DFB-Auswahl lange nichts. Beinahe mutlos wirkte sie, vom Sturm und Drang war erst mal nichts zu sehen, auch, weil es den deutschen Spielern bei aller Disziplin in der Abwehr nicht gelang, den Ball über mehrere Stationen in den eigenen Reihen zu halten. Ballack mühte sich redlich, produzierte aber ähnliche viele Fehlpässe wie seine Mitspieler. Die Torjäger Klose und Podolski bekamen kaum verwertbare Anspiele.

Klinsmann setzte auf Risiko

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Jubel nach dem gehaltenen ElfmeterBild: AP

Erst nach dem Gegentreffer schien die deutsche Mannschaft jeglichen Respekt vor dem Gegner und jegliche Verzagtheit über Bord zu werfen. Klinsmann setzte auf Risiko, brachte in der 62. Minute Flügelflitzer David Odonkor für den eher blassen Schneider, um das deutsche Angriffsspiel weiter zu beleben. Der Wille war da, doch auch bei Standards blieb die deutsche Elf harmlos - bis Ballacks Freistoß über Borowski den Weg zu Klose fand.

Die deutsche Mannschaft hatte diesmal in dem unermüdlichen Torsten Frings und in Per Mertesacker ihre besten Akteure. Bei den Argentiniern überzeugten Ayala und Javier Mascherana. Konsequenzen aus der Niederlage zog gleich nach dem Spiel der argentinische Fußball-Nationaltrainer Jose Pekermann: Er trat zurück. "Es ist aus. Das Kapitel ist geschlossen. Ich werde bestimmt nicht weitermachen", sagte Pekermann. Sein Team war mit dem Anspruch nach Deutschland gereist, ins Finale zu kommen.

Untersuchung zu Tumulten

Für Aufregung sorgen weiterhin die Tumulte und Handgreiflichkeiten, zu denen es nach der Partie auf dem Spielfeld gekommen war. Der Fußball-Weltverband FIFA hat eine Untersuchung angekündigt. "Die Disziplinarkommission wird anhand der Berichte und von Videos untersuchen, ob noch weitere Dinge Gegenstand eines Verfahrens werden könnten", erklärte FIFA-Mediendirektor Markus Siegler am Samstag. Da Deutschland bereits am Dienstag die erste Halbfinal-Begegnung in Dortmund bestreitet, müsse die Disziplinarkommission vorher eine Entscheidung treffen. "In Bezug auf die deutsche Mannschaft besteht eine gewisse Dringlichkeit, wenn sich einer etwas zu Schulden kommen lassen hätte", sagte Siegler. Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff teilte am Samstag mit, dass die FIFA auch vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) einen Bericht angefordert habe.

FIFA-Präsident Joseph Blatter zeigte sich verärgert. "Ich bin wütend darüber", sagte Blatter am Samstag dem englischen Sender BBC. Blatter hatte kein Verständnis für die Vorkommnisse nach dem Elfmeterschießen. Der Argentinische Auswechselspieler Leandro Cufre hatte den deutschen Verteidiger Per Mertesacker in den Unterleib getreten und die Rote Karte vom slowakischen Schiedsrichter Lubos Michel erhalten. Danch kam es zu einer Rangelei. chr/stl)