Norwegens Fußballer senden Botschaft an Katar
25. März 2021"Menschenrechte - auf und neben dem Platz", stand auf den weißen T-Shirts, mit denen sich Erling Haaland und die anderen norwegischen Nationalspieler am Mittwochabend vor dem Anpfiff des WM-Qualifikationsspiels gegen Gibraltar zum Fototermin aufstellten. Die Aktion machte mehr Schlagzeilen als der anschließende ungefährdete 3:0-Erfolg gegen den Fußball-Zwerg. Man wolle den Weltverband FIFA unter Druck setzen, damit dieser gegenüber Katar härter auftrete, hatte Nationaltrainer Stale Solbakken bereits am Dienstag gesagt, als er die Aktion angekündigt hatte, ohne ins Detail zu gehen.
Auch Solbakken und seine Assistenten trugen das T-Shirt. Da in dem Aufdruck der ausdrückliche Hinweis auf Katar, den Ausrichter der WM 2022, fehlte, kommt das norwegische Team um eine Strafe der FIFA herum. "Die FIFA glaubt an die Meinungsfreiheit und an die Kraft des Fußballs, den positiven Wandel voranzutreiben", erklärte der Weltverband. Die FIFA verbietet zwar politische Botschaften auf dem Platz, gegen ein allgemeines Plädoyer für die Menschenrechte kann sie allerdings kaum etwas sagen.
Auch Rekordmeister Rosenborg BK für Boykott
Im norwegischen Fußball hält sich seit Wochen der Ruf, die WM in Katar zu boykottieren. Hintergrund ist ein Artikel der britischen Zeitung "The Guardian" im Februar über angeblich mehr als 6500 Todesfälle auf den WM-Baustellen in dem Golfstaat. Die Opfer in den vergangenen neun Jahren seien überwiegend Wanderarbeiter aus Nepal, Indien, Sri Lanka und Bangladesh gewesen, hatte der "Guardian" berichtet. Mehrere norwegische Vereine, darunter auch Rekordmeister Rosenborg BK, hatten anschließend für einen WM-Boykott plädiert. Bei der Jahreshauptversammlung des norwegischen Fußballverbands NFF am 14. März hatte allerdings eine deutliche Mehrheit dagegen gestimmt, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Auf der öffentlichen Agenda dürfte es nach der Aktion der Nationalspieler jetzt wieder stehen.
Amnesty erinnert FIFA an ihre Verantwortung
"Ich bin super froh, dass sie sich dafür entschieden haben", sagte John Peder Egenaes, Generalsekretär der norwegischen Sektion von Amnesty International. Die Organisation hatte in der vergangenen Woche in einem Brief an FIFA-Präsident Gianni Infantino den Weltverband an seine Verpflichtung erinnert, dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte bei der Organisation und Durchführung der WM in Katar geachtet werden. "Die in dieser Woche stattfindenden Qualifikationsspiele sind eine Mahnung, dass das Zeitfenster, in dem die FIFA Einfluss auf Katar nehmen kann, immer kleiner wird", sagte Steve Cockburn, Amnesty-Bereichsleiter für wirtschaftliche und soziale Menschenrechte.
Haaland im Dezember zur Reha in Katar
Dass sich allerdings ausgerechnet der norwegische Stürmerstar Erling Haaland um Katar-Kritiker aufschwingt, dürfte auf viele eher befremdlich wirken. Noch im Dezember war der 20 Jahre alte Torjäger des Bundesligisten Borussia Dortmund nach Katar gereist, um dort in einer Klinik seine Muskelverletzung behandeln zu lassen - trotz Corona-Pandemie, trotz der Menschenrechtslage in dem Golfstaat.
Der BVB hatte seinerzeit erklärt, es sei Haalands ausdrücklicher Wunsch gewesen, zur Reha nach Katar zu fliegen. Deshalb habe der Verein am Ende zugestimmt.
Anfang dieser Woche war Haaland auf die norwegischen Boykottforderungen gegen Katar angesprochen worden. "Ich habe mich darüber noch nicht ausreichend informiert und muss das noch mit meinen Teamkollegen diskutieren", hatte der Stürmer geantwortet. "Aber ich habe Lust, mit Norwegen Turniere zu spielen."