Fridays For Future USA: Klein, aber oho
29. August 2019Fridays For Future? Noch nie gehört. Viele Menschen in den USA kennen die Bewegung, die im August 2018 von der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg gegründet wurde, nicht. Dabei kommen jeden Freitag Schüler auf der ganzen Welt zusammen, um für ein entschiedeneres Handeln für den Klimaschutz zu demonstrieren – auch in den USA.
An einem regnerischen Freitag in Washington D.C. sitzt eine kleine Gruppe Jugendlicher auf dem Rand eines Brunnens vor dem Kapitol. Madeline Graham, 16, bereitet ihre Mitstreiter auf potenzielle Schwierigkeiten vor. Beamte der Kapitol-Polizei könnten die Gruppe auffordern, ihren Platz zu verlassen, erklärt Graham - aber niemand müsse dem nachkommen.
"Wir haben ein Recht, hier zu sein", betont die Schülerin.
Wenig später haben sich etwa zehn junge Demonstranten zusammengefunden. Das sind nur wenige, wenn man bedenkt, dass noch Ferien sind, aber immerhin kann die Gruppe so an ihrem Platz mit Blick auf das Washington Monument bleiben. "Wenn wir mehr als 20 Leute wären, bräuchten wir eine Zulassung, und die haben wir nicht", erklärt Graham. "Wir müssten uns dann entweder in zwei kleinere Gruppen aufteilen oder zum Weißen Haus gehen, wo man diese Zulassung nicht braucht."
Dazu kommt es nicht. Die Gruppe bleibt klein, dafür sorgen auch die immer heftiger werdenden Regenschauer. Der US-amerikanische Ableger der Fridays For Future (FFF) Bewegung wurde erst im Januar 2019 gegründet und ist insgesamt noch nicht so groß wie in Europa.
"Vor unserer Wut kann sich niemand verstecken"
Graham ist sich sicher, dass die noch junge Bewegung Wandel in den USA herbeiführen kann. "Jeder Politiker, der uns unterschätzt, wird das nicht mehr lange tun", sagt sie. "Vor unserer Wut kann sich niemand verstecken."
Im Zentrum des kleinen Protests am Freitag steht das Feuer im Amazonas in Brasilien. Mittlerweile hat sich zu den Jugendlichen auch Carolina Schaffer gesellt, die vor einem Jahr aus Brasilien in die USA gezogen ist und zum Protest ein Poster mitgebracht hat: "Helft uns, das Feuer in unseren Wäldern zu stoppen". Mit 29 Jahren findet sich Schaffer "gerade noch jung genug" für die Jugend-Demo.
Wenig später singt sie gemeinsam mit den Schülern "Somewhere over the rainbow" unter dem grauen Himmel über Washington. Grahams Freundin Ella Jacobs, 16, begleitet den kleinen Chor auf der Ukulele.
Fünf Stunden Schlaf pro Nacht
Ein paar Stunden nördlich des Kapitols geht Alexandria Villasenor in New York City für den Klimaschutz auf die Straße. Die 14-Jährige zog im vergangenen Sommer von Kalifornien nach New York. Im November 2018 war sie zu Besuch in ihrer alten Heimat – und erlebte den schlimmsten Waldbrand in der Geschichte Kaliforniens hautnah.
"Die Rauchentwicklung war so schlimm, dass ich früher als geplant nach New York zurück musste", erzählt die Schülerin, die unter Asthma leidet. "Danach habe ich gelernt, wie die Waldbrände und die Klimakrise zusammenhängen. Das hat mich wütend gemacht."
Im Dezember 2018 war Villasenor auf ihrer ersten Klimademonstration. Seitdem ist sie voll dabei: Sie hat unter anderem den großen New York Protest für den Global Climate Strike im Mai 2019 mitorganisiert und berät sich laufend mit anderen Jugend-Klima-Aktivisten in den USA und im Rest der Welt. Außerdem gründete sie ihre eigene Klimaschutz-Organisation, Earth Uprising – und das alles zusätzlich zu Hausaufgaben und Klassenarbeiten. Wie funktioniert das?
"Ich kann praktisch alles schaffen, wenn ich genug zu essen und fünf Stunden Schlaf kriege", sagt Villasenor mit einem Lachen.
Die Menschen von der Wahrheit überzeugen
Jerome Foster, II. ist 17 Jahre alt und beginnt dieser Tage sein letztes Jahr an der High School. Er beschäftigt sich seit rund zwei Jahren mit dem Klimaschutz und sagt, dass die Anzahl von jungen, motivierten Aktivisten wie Villasenor wächst. "Aber längst nicht schnell genug."
Der Schüler glaubt, dass die Klimaschutz-Bewegung unter Jugendlichen in den USA nicht so groß ist wie in Europa, weil es in den USA noch immer viele Klimawandel-Skeptiker gibt. Manchmal, sagt Foster, ist es schwer, Gesprächspartner zu überzeugen, dass die globalen Temperaturen wirklich steigen.
"Wir können mit den Leuten nicht einfach über den Klimawandel reden und dann glauben sie uns", sagt er. "Wir müssen es doppelt und dreifach beweisen. Wir versuchen, die Menschen von der Wahrheit zu überzeugen."
Foster lässt sich davon aber nicht entmutigen. Er arbeitet schon an der Organisation des nächsten großen Protests: Die Washington D.C. Demonstration für den Global Climate Strike am 20. September, dem Freitag vor dem großen UN-Klimagipfel in New York. Foster hofft, dass die Politiker, die am 23. September dort zusammenkommen, dieses Mal wirklich bereit sind, ihre Ärmel hochzukrempeln und das Problem anzugehen. Schließlich, sagt der 17-Jährige, ist der Klimawandel "die größte Bedrohung, mit der es unsere Spezies jetzt zu tun hat".