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Freedom of Speech Award für Zibakalam

12. Juni 2018

Höhepunkt des Global Media Forums in Bonn: die Verleihung des Freedom of Speech Award der Deutschen Welle 2018 an den iranischen Politologen Sadegh Zibakalam. Ein klares Signal für die Meinungsfreiheit weltweit.

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Deutsche Welle Freedom of Speech Award Laureate 2018 Sadegh Zibakalam (Tehran University, Professor of Political Science, Iran)
Bild: DW/R. Oberhammer

Als DW-Intendant Peter Limbourg Sadegh Zibakalam den Preis überreicht, genießt der iranische Politikwissenschaftler diesen besonderen Moment nur kurz. Denn dem Preisträger ist es wichtig, sofort etwas klarzustellen: "Dutzende andere Iraner hätten diesen Preis mehr verdient als ich, weil sie für ihren Glauben oder ihre Meinung hinter Gittern sitzen". Zibakalam zählt all die Menschen auf, die im Iran aus fadenscheinigen Gründen festgenommen wurden oder ohne Gerichtsverfahren unter Hausarrest stehen: Journalisten, Anwälte, Frauen und Menschenrechtsaktivisten, Gewerkschafter, Studenten, Künstler, Dissidenten, Oppositionelle, Umweltaktivisten und religiöse Denker. "Das sagt sehr viel über die Menschenrechtssituation im Iran aus."

Soziale Medien können den Iran verändern

In seiner Rede erklärt Zibakalam den Kampf um Demokratie und um Meinungs- und Pressefreiheit  in seinem Heimatland entlang der iranischen Geschichte - und blickt optimistisch in die Zukunft: "Der Kampf für die Demokratie im Iran hat in den letzten zwei Jahrzehnten kleine, aber spürbare Fortschritte gemacht". Während es vor der Revolution keine unabhängige Presse und nur staatliche Verlage gegeben habe, existierten heute im Iran ein halbes Dutzend Zeitungen, die als unabhängig bezeichnet werden könnten. Noch wichtiger für Zibakalam: die Rolle der sozialen Medien. "Sie sind ein mächtiges Instrument, um den Kurs der politischen Offenheit und Demokratie im Iran zu unterstützen. Trotz der ständigen Einmischung des Staates, um ihn einzudämmen."

Peter Limbourg (DW, Director General, Germany) and Deutsche Welle Freedom of Speech Award Laureate 2018 Sadegh Zibakalam (Tehran University, Professor of Political Science, Iran)
Zibakalam feiert just am Tag der Preisverleihung seinen 70.GeburtstagBild: DW/U. Wagner

Zibakalam widmet den Preis am Ende seines Vortrags Abbas Amir-Entezam - dem politischen Gefangenen, der so lange wie niemand sonst im Iran in Haft war. Für den Preisträger "symbolisiert der frühere Vize-Ministerpräsident mit seinem 27-jährigen Aufenthalt im Evin-Gefängnis den Kampf für Demokratie und Freiheit im modernen Iran." Wegen angeblicher Spionage für die USA war Amir-Entezam 1981 zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Zibakalam als couragierter und unbequemer Geist gewürdigt

Reinhard Baumgarten hat als deutscher Korrespondent jahrelang im Iran gearbeitet und Zibakalam 2011 zum ersten Mal getroffen. Immer wieder bat Baumgarten den Politikwissenschaftler um eine Einordnung der politischen und gesellschaftlichen Situation im Iran, weil Zibakalam "Stellung bezieht und den Finger in offene Wunden legt." In seiner Laudatio beschreibt Baumgarten die Konsequenzen für den Politologen, der in gewisser Weise immer zwischen den Stühlen sitzt: "Kritik und Schmähungen erntet er von den eingeschworenen Gegnern ebenso wie von hartleibigen Befürwortern der Islamischen Republik." Manchen gelte er als Feigenblatt eines verruchten Regimes, anderen als gefährlicher Konterrevolutionär.

"Zibakalam eckt an", lobt Baumgarten in seiner Rede und hat dafür auch ein Beispiel: "Auf sehr eindrückliche Weise hat mir der Professor einmal dargelegt, wie wichtig der seit Jahrzehnten gepflegte Anti-Amerikanismus als identitätsstiftender Faktor für die ideologischen Hardliner im Iran ist." Auf einer Podiumsdiskussion im Iran habe Zibakalam unlängst gefragt, wer dem Iran eigentlich den Auftrag gegeben habe, Israel zu zerstören. "Er widerspricht den Scharfmachern seines Landes", sagt Reinhard Baumgarten.

Reinhard Baumgarten beim Global Media Forum
"Ein Signal für die Meinungsfreiheit im Iran" - der deutsche Auslandskorrespondent Reinhard BaumgartenBild: DW/U. Wagner

Mit einem persischen Sprichwort schließt Baumgarten seine Laudatio: "Eine Rose macht noch keinen Frühling". Nicht nur Zibakalam erhebe seine Stimme im Iran, viele Menschen in der Islamischen Republik beharrten auf ihrem Recht der freien Rede und der freien Meinungsäußerung. Diese würden aber nicht so wahrgenommen wie Zibakalam mit seinen Hunderttausenden Followern auf Facebook, Instagram und dem im Iran beliebten Messenger Dienst Telegram. Baumgartens Appell: "Möge die Verleihung des Freedom of Speech Award der Deutschen Welle alle jene stärken und ermutigen, die für Rede- und Meinungsfreiheit im Iran eintreten."

Freedom of Speech Award der Deutschen Welle immer relevanter

Seit 2015 verleiht die Deutsche Welle jährlich den Freedom of Speech Award an eine Person oder Initiative, die sich in herausragender Weise in den Medien für Menschenrechte und Meinungsfreiheit engagiert. Intendant Peter Limbourg erklärte noch einmal die Beweggründe für die Deutsche Welle, einen solchen Preis auszuloben: "Wir können die Menschen nicht aus dem Gefängnis holen, aber wir können etwas tun -  indem wir als Medium eine breite Öffentlichkeit schaffen!" Der Freedom of Speech Award gebe eine Plattform für Meinungsfreiheit und habe seit seiner Gründung immer mehr an Relevanz gewonnen, so Limbourg. 2015 war der saudische Blogger Raif Badawi ausgezeichnet worden, der immer noch in Haft sitzt. 2016 ging der Freedom of Speech Award an den Chefredakteur der türkischen Zeitung Hürriyet, Sedat Ergin. Im vergangenen Jahr wurde der Preis an die White House Correspondents' Association WHCA verliehen.

Freedom of Speech Award
Der Freedom of Speech Award - ein Symbol für den Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit weltweitBild: DW/U. Wagner

Die diesjährige Wahl hatte für Proteste unter Exil-Iranern in Deutschland gesorgt. Sie werfen Zibakalam vor, in der Vergangenheit und noch heute der islamischen Regierung zu nahe zu stehen. Zibakalam hat immer betont, das iranische System von innen verändern zu wollen. Vor kurzem war er nach einem Interview mit der Deutschen Welle vom Revolutionsgericht in Teheran zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er die iranische Regierung scharf kritisiert hatte. Die Vorwürfe der Richter lauten: "Propaganda gegen die Ordnung der Islamischen Republik Iran" und "Verbreitung von Falschinformationen".

Porträt eines blonden Manns im schwarzen Hemd
Oliver Pieper DW-Reporter und Redakteur