Frankreichs künftige Rentner lassen nicht locker
17. Dezember 2019Kein Weihnachtsfrieden in Frankreich: Hunderttausende haben an diesem Dienstag wieder mit Streiks und Demonstrationen gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron protestiert. Der Zug- und Flugverkehr ist durch Streiks erneut massiv gestört, auch Verbindungen nach Deutschland sind betroffen. Allein in Paris sind acht der 14 Metro-Linien außer Betrieb. An den Schulen fiel der Unterricht teilweise oder sogar vollständig aus. Viele Museen und selbst der Eiffel-Turm sind geschlossen. Erstmals haben alle Gewerkschaften gemeinsam zu den Aktionen aufgerufen. Damit sollte der Druck auf den Staatschef und die Regierung von Ministerpräsident Edouard Philippe steigen, doch die Fronten sind verhärtet.
Der demokratische Widerstand sei vollkommen legitim, sagte Premier Philippe im Parlament. "Aber wir haben unser Projekt klar dargelegt, und meine Regierung ist fest entschlossen, das Rentensystem zu reformieren und den Haushalt des Rentensystems auszugleichen." Ein Kompromissangebot wies die Regierung zurück. Die größte Gewerkschaft CFDT hatte in Aussicht gestellt, höhere Rentenbeiträge mitzutragen, wenn die Regierung im Gegenzug die faktische Anhebung des Eintrittsalters von derzeit 62 auf 64 Jahre streicht. Haushaltsminister Gérald Darmanin lehnt dies ab: Eine Beitragserhöhung würde Arbeitnehmer wie -geber belasten und "die Wirtschaft abwürgen", sagte er dem Sender BFM-TV. Premier Philippe empfängt am Mittwoch Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden.
Seit rund zwei Wochen tobt der Kampf um die Rentenreform in Frankreich. Diesmal ging es aber auch um die Frage, ob Streiks und Demonstrationen noch einmal die Durchschlagskraft vom 5. Dezember erreichen, denn zu Beginn der Protestwelle waren mehr als 800.000 Menschen auf die Straße gegangen. Die Behörden sprechen nun von 615.000 Demonstranten, die Gewerkschaft CGT gibt mit 1,8 Millionen deutlich höhere Zahlen an. Doch so oder so - wer in Frankreich nicht protestiert, ist inzwischen genervt.
Vor allem in der Hauptstadt leiden die Menschen unter der Situation im Nahverkehr und die Stimmung wird aggressiver. Es fahren kaum Metros, die Stationen sind überfüllt - viele Menschen kommen nicht oder nur zu spät zur Arbeit - und anschließend nicht wieder nach Hause. Besonders die Menschen, die aus den Vorstädten von Paris ins Zentrum fahren müssen, trifft es hart. Der Verkehr auf den großen Verkehrsachsen staut sich abends und morgens auf Hunderten von Kilometern.
rb/se (afp, dpa, rtr)