Frankreich und Italien bringen ihre Bürger aus Niger weg
2. August 2023Frankreich und Italien haben eine Woche nach der Militärrevolte im westafrikanischen Niger begonnen, ihre Staatsbürger auszufliegen. Das teilten die französische Außenministerin Catherine Colonna und ihr italienischer Kollege Antonio Tajani auf Twitter mit. Laut Colonna wurden mehr als 260 Menschen, darunter zwölf Babys, aus der nigrischen Hauptstadt Niamey evakuiert. Fast alle Passagiere seien Franzosen, sagte sie.
Tajani schrieb, der Sonderflug mit italienischen und ausländischen Bürgern aus Niamey werde am Morgen in Rom erwartet. Im Niger hielten sich seinen Angaben zufolge zuletzt knapp 100 Italiener auf.
Frankreich hatte am Dienstag drei Flugzeuge in die nigrische Hauptstadt Niamey geschickt, um Franzosen, Deutsche und andere EU-Bürger auszufliegen. Bis Dienstag befanden sich weniger als 100 deutsche und etwa 600 französische Zivilisten im Niger.
Inzwischen öffnete das Militärregime die Land- und Luftgrenzen zu fünf Nachbarstaaten wieder. Einer der Putschisten erklärte im nationalen Fernsehen, dass die Grenzen zu Algerien, Burkina Faso, Libyen, Mali und dem Tschad "ab heute" wieder offen seien. Alle Land- und Luftgrenzen des Landes waren am Abend des Putsches geschlossen worden. Zudem ernannte die Junta neue Gouverneure für die acht Regionen im Niger.
Hilfe auch für Deutsche
Mit französischen Evakuierungsflügen sind auch mehr als 40 Deutsche aus dem Krisenland Niger geholt worden. Wie Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin erklärte, nahmen die von Frankreich organisierten Maschinen die deutschen Staatsangehörigen am Dienstag und am Mittwoch mit an Bord. Weitere Evakuierungsflüge sind geplant.
Die deutsche Außenministerin dankte ihrer französischen Kollegin Colonna für das Angebot, auch Deutsche aus dem Land zu evakuieren. Das Auswärtige Amt sprach eine Reisewarnung aus und riet deutschen Staatsangehörigen zur Ausreise. Alle Deutschen dort sollten prüfen, ob ihr Aufenthalt weiter zwingend notwendig sei und gegebenenfalls die nächste Ausreisemöglichkeit nutzen, wurde in Berlin nach einer Sitzung des Krisenstabs mitgeteilt. Auch das britische Außenministerium sprach eine Reisewarnung aus.
Am Mittwoch vergangener Woche hatten Offiziere der Präsidialgarde den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich am Freitag selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach seiner Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.
Dritter Putsch in einem Sahelstaat
Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde - und ein wichtiger Partner für den Westen.
Die Bundeswehr betreibt in Niamey einen Lufttransportstützpunkt, auf dem mehr als 100 deutsche Soldaten stationiert sind. Zudem hat dort das Personal der Deutschen Botschaft Zuflucht gefunden. Der Umsturz stellt die Bundeswehr nun vor große Herausforderungen. Der Stützpunkt ist zentrales Drehkreuz für die deutschen Soldaten in der Region. Auch der laufende Abzug deutscher Blauhelme der UN-Mission MINUSMA aus dem benachbarten Mali läuft darüber. Die Militärregierung in Mali hatte einen Abzug der UN-Soldaten bis Ende des Jahres gefordert.
Lage mit Gewaltpotenzial
Zugleich könnte der Konflikt im Niger weiter eskalieren. Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS hatte den Putschisten am Sonntag ein Ultimatum gestellt. Sollte der festgesetzte Präsident Bazoum nicht binnen einer Woche wieder eingesetzt werden, werde man Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.
Burkina Faso und Mali warnten ECOWAS vor einem Eingreifen und drohten, jede militärische Intervention gegen den Niger komme einer Kriegserklärung auch gegen ihre Länder gleich. Unklar ist jedoch, ob ECOWAS die Drohung überhaupt wahr machen kann. Der als Wirtschaftsgemeinschaft gegründete Bund verfügt über keine gemeinsame militärische Eingreiftruppe.
kle/bru (dpa, afp)