Frankreich geht auf Opfer von Atomtests zu
23. Februar 2016Darauf haben die Menschen in Französisch-Polynesien - allesamt Staatsbürger der Grande Nation - lange gewartet. 20 Jahre nach dem Ende der Atomtests in dem französischen Überseegebiet hat Präsident François Hollande demonstrativ die Folgen für Umwelt und Gesundheit eingestanden. "Ich erkenne an, dass die zwischen 1966 und 1996 durchgeführten Atomversuche eine Auswirkung auf die Umwelt hatten und gesundheitliche Folgen verursacht haben", sagte Hollande in Papeete, der Hauptstadt der zu Frankreich gehörenden Inseln im Pazifik.
Mit dieser Geste kam der Präsident polynesischen Forderungen entgegen. Hollande versprach, Entschädigungszahlungen an Betroffene zu erleichtern - bisher waren von rund rausend Anträgen nur 20 erfolgreich. Der Besucher aus Paris betonte aber auch die geostrategische Bedeutung der Atomversuche: "Ohne Französisch-Polynesien würde Frankreich nicht über die Atombombe verfügen und hätte damit keine Abschreckungsmacht."
"Warum müssen wir heute noch kämpfen?"
Der Präsident von Französisch-Polynesien, Edouard Fritch, hatte zuvor Unverständnis geäußert, dass "wir heute noch für die Anerkennung der menschlichen, gesundheitlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Folgen kämpfen müssen". Krebserkrankungen in der Region werden mit den Kernwaffentests in Verbindung gebracht.
Doch auch das Ende der Experimente wurde den Inseln zum Schaden - auf wirtschaftlichem Gebiet, weil Einnahmen wegfielen. Hollande versprach nun die Fortsetzung der finanziellen Hilfen für Französisch-Polynesien, die sein Vorvorgänger im Amt, Jacques Chirac, als Ausgleich zugesagt hatte. Der Betrag soll ab 2017 auf mehr als 90 Millionen Euro jährlich festgeschrieben werden.
Erste Bombe in Algerien gezündet
Paris hatte im Februar 1960 seine erste Atombombe in der damaligen Kolonie Algerien getestet. Nach der Unabhängigkeit des Landes wurden die Versuche auf den zu Frankreich gehörenden Südsee-Atollen Mururoa und Fangataufa fortgesetzt. Binnen drei Jahrzehnten fanden dort 193 Atomversuche statt. Ein 2010 in Kraft getretenes Gesetz sieht die Anerkennung und Entschädigung der Opfer dieser Tests vor. In Französisch-Polynesien hagelt es aber Kritik, weil nur so wenige Anträge bewilligt werden.
jj/SC (dpa, afp)