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Vorsorge am Fraport

Emily Claire Sherwin / kj30. August 2014

Frankfurt am Main zählt zu den größten Flughäfen Europas. Aufgrund der Ebola-Epidemie in Afrika richtet sich das Augenmerk auf Knotenpunkte wie diesen. Könnte Frankfurt ein Einfallstor für die Krankheit sein?

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Passagiermaschinen am Flughafen in Frankfurt - Foto: Boris Roessler (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

In Europa machen sich viele Menschen Sorgen, wenn sie die Nachrichten aus Afrika verfolgen: Dort sind in diesem Jahr schon mehr als 1500 Menschen am Ebolafieber gestorben. Und die Viruserkrankung breitet sich weiter aus: Nach Fällen in Liberia, Guinea und Sierra Leone ist die Krankheit auch in Nigeria und - in einem Einzelfall - auch im Senegal nachgewiesen worden.

Schon mehrfach wurden Menschen in Europa isoliert und untersucht, die mit Fieber aus afrikanischen Ländern zurückkamen. Aber die Diagnose lautete fast immer Malaria. Trotzdem hat auch Deutschland seit einigen Tagen einen Ebola-Fall: Ein Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation liegt auf einer Isolierstation in Hamburg. Der Mann aus Westafrika hat sich offenbar in einem Labor in Sierra Leone infiziert. Er wurde in einem Spezialflugzeug nach Hamburg gebracht. Seine Einreise dort erfolgte unter strengen Sicherheits-Vorkehrungen.

Sicherheitsrisiko Flughafen?

Aber was ist mit den hunderttausenden anderen Flugpassagieren, die täglich in Deutschland landen? Mehrere Fluglinien, wie British Airways und Air France, fliegen die von Ebola betroffenen Länder nicht mehr an. Aber die Angst bleibt, auch am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main, wo jährlich mehr als 58 Millionen Passagiere aus aller Welt abgefertigt werden.

Vor den Glastüren der Terminals stehen die Taxifahrer und warten auf Kundschaft. Einer von ihnen ist beunruhigt. Könnte einer seiner Fahrgäste infiziert sein? "Deswegen habe ich oft ein ungutes Gefühl", sagt er. "Jedes Mal, wenn ich mit einem Kunden vom Flughafen losfahre, frage ich ihn, in welchem Land er gerade gewesen ist. Und dann denke ich mir meinen Teil." Er habe sogar schon darüber nachgedacht, einen Mundschutz zu tragen, verrät der Taxifahrer.

Taxistand am Frankfurter Flughafen - Foto: Emily Sherwin (DW)
Taxistand am Frankfurter Flughafen: "Ein ungutes Gefühl"Bild: DW/E. Sherwin

Zwei seiner Kollegen sehen es entspannter. Man habe schließlich die Verpflichtung, die Leute zu befördern, sagen sie. Sie wollen erst gar nicht wissen, woher die Fahrgäste gerade kommen. "Da kann man ja eh nichts machen", sagt einer von ihnen. "Es ist, wie es ist, wir müssen einfach unseren Job machen."

Früherkennung und Krisenmanagement

Die Taxifahrer müssen sich auf die Sicherheitsmaßnahmen des Flughafens verlassen, und darauf, dass Passagiere einen Ebola-Test machen lassen, die aus den betroffenen Ländern anreisen. Abu-Bakarr Jalloh, ein Journalist aus Bonn, sieht das allerdings kritisch, aus eigener Erfahrung. Vor Kurzem wollte er von Freetown in Sierra Leone zurück nach Deutschland reisen. Weil er bei seiner Arbeit auch mit Ebola-Patienten Kontakt hatte und sich etwas unwohl fühlte, wollte er vor der Abreise einen Bluttest machen lassen. Aber das war nicht möglich. Die Ärzte einer Notfallklinik wiesen ihn ab, nach stundenlangem Warten. Selbst als er sagte, er könne möglicherweise ein Ebola-Patient sein, hieß es laut Jalloh: "Solange sie nicht aussehen, als ob sie sterben, ist ihr Fall auch nicht dringend." Seitdem glaubt der Journalist, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, die die Behörden in Europa und die Fluglinien ergreifen.

Das sehen die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden in Frankfurt am Main selbstverständlich anders. Der Leiter des Gesundheitsamtes, René Gottschalk, schätzt, dass seine Mitarbeiter in den vergangenen Wochen fast ein Drittel ihrer Zeit mit Ebola-bezogenen Themen verbracht haben. Gottschalk und sein Team treffen sich jeden Tag in einem Krisenraum, um auf einen Ebola-Fall bestmöglich vorbereitet zu sein.

Im Team sind Spezialisten für Infektionskrankheiten und Krisenmanager, die mit der Polizei und der Feuerwehr zusammenarbeiten. An den Wänden des Krisenraums hängen Karten, Gesundheitswarnungen und Listen mit Notfall-Nummern, Flugnummern und Flughäfen in Afrika. Doch trotz der gesteigerten Berichterstattung der Medien glaubt Gottschalk nicht, dass Ebola ein Problem für Deutschland darstellt.

Ampelsystem für Verdachtsfälle

Wenn ein Passagier verdächtigt wird, an Ebola erkrankt zu sein, dann gibt es am Frankfurter Flughaben einen klaren Ablaufplan. Das entsprechende Flugzeug müsste weit weg von den Terminals parken. Die Passagiere an Bord würden in Gruppen eingeteilt - je nach Wahrscheinlichkeit, ob sie das Virus in sich tragen. Dabei soll ein Ampelsystem helfen, sagt René Gottschalk vom Gesundheitsamt.

Übung auf Isolierstation 68 - Foto: Boris Roessler (dpa)
Übung auf Isolierstation 68: Vom Rest des Uni-Klinikums abgeschottetBild: picture-alliance/dpa

"Wenn ein Passagier rot eingestuft wurde, dann wird er direkt aus dem Flugzeug heraus ins Universitätsklinikum gebracht. Gelb markierte Passagiere kommen in einen Sonderbereich des Flughafens und nur grün Eingestufte kommen in den eigentlichen Flughafenbereich und dürfen weiterreisen." Ähnlich geht man auch bei anderen Infektionskrankheiten vor, die ebenfalls nicht über die Luft übertragen werden - zum Beispiel wenn es um das Lassafieber geht.

Mitte August gab es bereits einen Ebola-Verdachtsfall in Frankfurt, der sich aber als falscher Alarm herausstellte. Ein älteres Ehepaar, das auch mit der betroffenen Maschine aus Addis Abeba ankam, war mit dem Vorgehen offenbar zufrieden. "Die Leute vom Flughafen haben das gut gemacht. Wir haben uns sicher gefühlt, die wussten, was sie zu tun hatten", sagten sie der Deutschen Welle.

Isolierstationen in mehreren Städten

I
m Ernstfall wäre der Passagier in die Isolierstation 68 des Frankfurter Universitätsklinikums gekommen. Ähnliche Einrichtungen gibt es auch in Hamburg, Düsseldorf, Leipzig, München, Saarbrücken, Stuttgart und Würzburg. In Berlin befindet sich die größte deutsche Seuchenstation mit mehr als 20 Betten.

Timo Wolf auf Isolierstation 68 - Foto: Boris Roessler (dpa)
Virenexperte Wolf: "Kein Grund, Angst zu haben"Bild: picture-alliance/dpa

In Frankfurt stehen zwei Betten bereit, die mit Luftschleusen und Unterdruck vom Rest des Uni-Klinikums abgeschottet sind. Krankenhauspersonal, das die Kammer betreten will, zieht vorher sterile Schutzanzüge an: einen orangefarbenen Ganzkörperanzug, zwei Paar Handschuhe und Gummistiefel. Über einen Schlauch wird gefilterte Luft in den Anzug geleitet. Selbst wenn der Overall reißen sollte, würde die Luft jeden Keim aus dem Anzug herausblasen.

Alle drei Monate trainieren Mitarbeiter des Klinikums den Einsatz in der Isolierstation. Timo Wolf, der die Station betreut, beschreibt die Arbeit dort als sehr anstrengend. Die Ganzkörper-Anzüge fühlten sich an wie heiße, schwere Taucheranzüge. Aber solche Vorbereitungen seien unbedingt erforderlich, meint Wolf. "Auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich ist: Es ist immerhin möglich, dass wir in den kommenden Wochen mit einem Verdachtsfall oder sogar ein tatsächlichen Ebola-Erkranktem konfrontiert sind." Doch Frankfurt sei vorbereitet: In der Isolierstation wurden schon Patienten mit Lassafieber behandelt, 2003 lag hier ein SARS-Infizierter. "Es gibt keinen Grund, jetzt in Europa vor einer Seuche Angst zu haben", sagt Wolf. "Letztendlich muss der Kampf gegen Ebola in Westafrika gewonnen werden."