Ebola: Westafrika in Angst vor der Seuche
29. August 2014Innerhalb dieser Woche haben sich im Westen Afrikas mehr Menschen mit Ebola angesteckt als jemals zuvor. Das gab die Weltgesundheitsorganisation WHO bekannt. In den betroffenen Ländern herrscht Angst, dass die Seuche weiter um sich greift. Der Verlauf der Epidemie in den betroffenen Ländern im Überblick:
Senegal
Auch im Senegal ist die Seuche nun angekommen. Ein an Ebola erkrankter Student wurde in der Hauptstadt Dakar in ein Krankenhaus gebracht, teilte die Gesundheitsministerin des Landes, Awa Marie Coll Seck, mit. "Wir haben die WHO informiert, die uns bereits technische und finanzielle Hilfe in Aussicht gestellt hat, um die Seuche abzuwehren."
Schon zuvor habe das Land Sicherheitsvorkehrungen getroffen, diese habe man nun verstärkt, so die Ministerin. Der junge Mann sei sofort nach dem positiven Ebola-Test unter Quarantäne gestellt worden. Sein Zustand sei stabil. Der Patient soll aus Guinea stammen.
Guinea
Der aktuelle Ebola-Ausbruch hat seinen Ursprung in Guinea. Dort starb im vergangenen Dezember ein zweijähriger Junge an den Folgen der Infektion. Wissenschaftler vermuten, dass der Junge im Dorf Meliandou im Südosten Guineas "Patient Null" war. Kurz nach dem Jungen starben auch seine Schwester, Mutter und Großmutter. Schnell breitete sich das Virus im Land weiter aus. Am 24. März informierte das guineische Gesundheitsministerium die WHO über 59 Todesfälle, die auf Ebola zurückzuführen seien. "Die Epidemie hat unser Gesundheitssystem erledigt", so Remy Lama, Gesundheitsminister des Landes im DW-Interview. "Schon davor hatten wir zu wenig qualifiziertes Personal und das nötige Equipment, um einen solchen Ausbruch unter Kontrolle zu bringen."
Zu Beginn der Epidemie stellten Ärzte oft falsche Diagnosen, da Ebola in der Region noch nie aufgetreten war. "Das war eine totale Überraschung für die westafrikanischen Länder", sagt Lama. Doch die Seuche breitete sich auch dann noch weiter aus, als Medienkampagnen in Radio, Fernsehen und Zeitungen für Aufklärung sorgten. "Als die Menschen in den Krankenhäusern gesagt bekamen, dass es keine Impfung und keine Medikamente gibt, die sie vor Ebola schützen können, sind sie zu traditionellen Heilern gegangen", sagt Lama. Die Zahl der Ebola-Toten im Land steigt weiter.
Liberia
Aus dem Grenzgebiet Guineas gelangte das Virus in die Nachbarländer Sierra Leone und Liberia. Mitte Juni wurden erste Infektionen aus der liberianischen Hauptstadt Monrovia gemeldet. Im Armenviertel West Point stürmte eine aufgebrachte Menge am 16. August eine Krankenstation. Mit Ebola infizierte Patienten flohen von dort. Daraufhin verhängte die Regierung Liberias eine nächtliche Ausgangssperre und stellte ganze Stadtviertel unter Quarantäne. Doch auch das konnte die Seuche nicht aufhalten.
"Ebola ist heute in der ganzen Stadt verbreitet", sagt Lindis Hurum, die für "Ärzte ohne Grenzen" die Hilfe in Monrovia koordiniert. "In jedem Viertel, in jedem Distrikt der Stadt sterben Menschen, gibt es täglich neue Ansteckungen." Und trotz internationaler Hilfe kann nicht jeder ausreichend betreut werden. "Das System ist komplett überlastet", so Hurum. Mit mehr als 700 Toten bis Ende August hat Liberia soviele Ebola-Opfer zu beklagen wie kein anderes Land.
Sierra Leone
Mit Fieber-Kontrollen an Grenzstationen und Flughäfen versuchen die westafrikanischen Regierungen die Seuche im Zaum zu halten. Einige Länder schlossen zeitweise ganz ihre Grenzen, etwa zu Sierra Leone. Wie Liberia auch hat sich das Land immer noch nicht vollständig von den blutigen Bürgerkriegen der 1990er Jahre erholt und leidet nun unter den wirtschaftlichen Folgen der Epidemie. Denn wo das Virus auftaucht, da bleiben Investoren weg. Auch viele Fluggesellschaften fliegen keine Ziele mehr in den betroffenen Ländern an.
Zudem haben zahlreiche Regierungen ihre Bürger zur Heimkehr aus dem Verbreitungsgebiet der Seuche aufgefordert. Schon zuvor hatten Firmen ihr internationales Personal abgezogen. All dies könne das Wirtschaftswachstum der Region behindern. Donald Kaberuka, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank ADB versprach bei einem Besuch in der sierra-leonischen Hauptstadt Freetown 60 Millionen US-Dollar an Soforthilfen. Er forderte Investoren zur Rückkehr in die Region auf. "Es gibt keinen Grund, nicht nach Sierra Leone zu kommen", so Kaberuka. "Meine Anwesenheit hier ist ein Signal. Lassen sie uns die Richtlinien der WHO befolgen und ansonsten nichts tun, was der Wirtschaft, dem Handel und dem Wohlstand in der Region schaden könnte."
Nigeria
Aus Nigeria wurde am 25. Juli ein erster Ebola-Fall gemeldet. Ein infizierter Mann war aus Liberia per Flugzeug nach Lagos gereist, in Nigerias größte Stadt und Westafrikas Wirtschaftsmetropole. Im Gegensatz zu den Behörden Liberias, Sierra Leones und Guineas scheint Nigeria jedoch mit Erfolg gegen die Ausbreitung zu kämpfen.
"Wir müssen anerkennen, dass die Regierung sehr schnell auf den ersten Ebola-Fall reagiert hat", sagt John Vertefeuille, der für das US-amerikanische Zentrum für Krankheitskontrolle in Lagos ist. Menschen, die mit dem Fluggast aus Liberia Kontakt hatten, wurden aufgespürt, untersucht und wenn nötig isoliert untergebracht. Das Land richtete einen Krisenstab ein und setzte ganz auf Aufklärungskampagnen, die über Radio und Fernsehen Millionen Menschen erreichen. Dennoch musste Gesundheitsminister Onyebuchi Chukwu am 28. August den Tod eines infizierten Arztes in der Stadt Harcourt im Südosten des Landes bekannt geben. Damit ist Ebola nun auch außerhalb von Lagos präsent.
Demokratische Republik Kongo
Der kongolesische Gesundheitsminister Felix Kabange Numbi trat am 24. August vor die Presse und gab einen Ebola-Ausbruch in der Provinz Equateur im Norden des Landes bekannt. Numbi betonte jedoch, dass es keine Verbindung zur Epidemie in Westafrika gebe. Dies bestätigte sich im Labor: Das Virus, das derzeit im Norden des Kongo auftritt, unterscheidet sich vom Virenstamm in Westafrika. Experten gehen davon aus, dass die Ebola-Variante im Kongo weniger schwere Folgen hat.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO befürchtet jedoch, dass Ebola sich in weitere Länder ausbreiten könnte. "Natürlich sind besonders die Länder gefährdet, die an das bisherige Verbreitungsgebiet angrenzen", sagt Nyka Alexander, Sprecherin des WHO-Krisenstabs in Conakry, Guinea. "Aber die WHO fordert alle Länder der Erde auf, sich auf mögliche Ebola-Fälle vorzubereiten. Insgesamt könnten 20.000 Menschen der Krankheit zum Opfer fallen, so schätzt die Weltgesundheitsorganisation.