Flüchtlinge, ein Kriminalfall und die Schulden
16. Dezember 2016Die Kanzlerin will bei ihrem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras an diesem Freitag durchaus auch die jüngsten Verstimmungen der Euro-Partner über den Kurs des hochverschuldeten Landes zur Sprache bringen. Sie werde mit Tsipras "sicherlich nochmal darüber sprechen", denn dazu gebe es "ja durchaus kritische Diskussionen", sagte Angela Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel. Dies sei aber "nicht der Hauptgegenstand" des Treffens in Berlin.
Umstrittene Sonderausschüttung für Rentner
Das griechische Parlament verabschiedete am Donnerstagabend die umstrittenen Hilfen für bedürftige Rentner. 196 der 257 anwesenden Abgeordneten stimmten für den Plan von Tsipras, der insgesamt 617 Millionen Euro umfasst. Damit sollen Rentner, die weniger als 850 Euro erhalten, unterstützt werden. Angekündigt ist auch die Verschiebung der von den Gläubigern verlangten Mehrwertsteuer-Erhöhung auf griechischen Inseln.
Athen argumentiert, dass die Renten-Aufstockung aus einem Milliarden-Überschuss aus Steuermitteln stammt. Die EU-Gläubiger kritisierten jedoch, dass das Vorgehen "bedeutende Bedenken" aufwerfe - "sowohl, was das Verfahren als auch die Substanz angeht". Wegen der angekündigten Schritte waren am Mittwoch bereits die Griechenland zugesagten Erleichterungen über ein besseres Schuldenmanagement verschoben worden. Dabei geht es unter anderem um die Verringerung der Risiken durch Zinssteigerungen in den kommenden Jahrzehnten und eine Verlängerung der Laufzeiten von Teilen der griechischen Schulden.
Beim EU-Gipfel verlangte Tsipras, der Konflikt müsse "ohne Erpressung" gelöst werden. Der französische Präsident François Hollande mahnte an, Griechenland müsse mit Respekt behandelt werden.
Vorwürfe im Freiburger Mordfall
Einen Tag nach dem EU-Gipfel soll es im Kanzleramt nach Angaben der Bundesregierung vor allem um europapolitische Fragen wie die Lage der Flüchtlinge, die Beziehungen der EU zur Türkei und die Zypern-Verhandlungen gehen. Beim Thema Flüchtlinge könnte aber auch der Freiburger Mordfall und die damit verbundenen Vorwürfe gegen Griechenland auf den Tisch kommen.
Es geht um einen mutmaßlich afghanischen Flüchtling, der verdächtigt wird, in Freiburg eine 19-Jährige vergewaltigt und ermordet zu haben. Innenminister Thomas de Maizière hatte die griechischen Behörden beschuldigt, sie hätten versäumt, den dort wegen Mordversuchs verurteilten und vorzeitig freigelassenen Mann nach Verstößen gegen Bewährungsauflagen international zur Fahndung auszuschreiben. Deshalb sei er bei Kontrollen durch die deutschen Sicherheitsbehörden nicht aufgefallen.
Die griechische Regierung hatte am Donnerstag erstmals offiziell reagiert. Die Fingerabdrücke und die Personalien des mutmaßlichen Täters seien im europäischen Eurodac-System (Europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken) seit seiner Ankunft in Griechenland im Jahre 2013 eingespeichert gewesen, teilten das Bürgerschutz- und das Justizministerium mit. "Diese Daten waren allen europäischen Sicherheitsbehörden zugänglich", hieß es aus Athen. Warum man keine internationale Fahndung veranlasst hatte, blieb offen.
SC/stu (afp, dpa)