Flüchtlinge auf Lesbos stellen Asylantrag
3. April 2016Am Sonntagmittag flanieren betagte US-Amerikaner am Kai des Hafens von Mytilini. Passagiere des Kreuzfahrtschiffes "MS Prinsendam". Mit kleineren Booten werden sie zu ihrem Luxusdampfer gebracht, der weiter draußen vor Anker liegt. Nur wenige Meter von der Ablegestelle entfernt haben die zwei kleineren Fährschiffe "Nazli Jale" und "Lesvos" angelegt. Mit diesen Schiffen sollen am Montag die ersten Migranten von Griechenland in die Türkei gebracht werden.
Abschiebungen nur am Montag?
Ursprünglich sollten an drei Tagen rund 750 Flüchtlinge von der griechischen Insel Lesbos zum gegenüberliegenden türkischen Hafen Dikili gebracht werden. Jetzt werden es wohl nicht mal 250 am Montag sein. Denn kurz vor dem Start der Rückführungen haben viele Betroffene um Asyl gebeten. Von den 2987 Migranten, die sich im geschlossenen Lager Moria auf Lesbos aufhalten, haben bis Sonntagabend 2718 einen Asylantrag gestellt, wie der Pressesprecher des zuständigen Polizeipräsidiums im DW-Interview berichtet. Noch vor drei Tagen waren es rund 500. Damit können diese Menschen, zumindest vorerst, nicht zurückgeführt werden.
Von den Rückführungen am Montag sollen ausschließlich alleinstehende Männer betroffen sein. Es sind Menschen, die nach dem 20. März die griechische Insel erreicht haben. Der EU-Türkei-Flüchtlingspakt sieht vor, dass nur Flüchtlinge, die nach diesem Stichtag registriert wurden, in die Türkei abgeschoben werden können. Vorausgesetzt sie haben in Griechenland kein Asyl beantragt. Die Hauptgruppe der Betroffenen werden wohl Pakistaner sein, hinzu kommen Nordafrikaner, Migranten aus Bangladesch, Sri Lanka und Zentralafrikaner.
Flüchtlinge kommen in abgetrennten Bereich
Es scheint allerdings fraglich zu sein, ob die Grenzschutzbehörde Frontex am Montag tatsächlich 250 Menschen in die Türkei abschiebt. Nach übereinstimmenden Informationen der Deutschen Welle, die sich sowohl auf Aussagen von pakistanischen Migranten im Lager Moria als auch auf Polizeikreise vor Ort stützen, wurden bis zum späten Sonntagnachmittag rund 130 Personen in einem mit Stacheldraht abgetrennten und besonders bewachten Teil des Lagers geführt. Es soll sich fast ausschließlich um pakistanische Staatsbürger handeln. Nicht auszuschließen ist, dass in den Nachtstunden auch andere Personen, die noch keinen Asylantrag gestellt haben, in den abgetrennten Teil des Camps gebracht werden.
Er habe Angst, sagt der nach eigenen Angaben 17-jährige pakistanische Schüler Mohamed Javed, der ohne seine Eltern nach Griechenland gelangt ist. Er berichtet am Zaun des Lagers von Moria der Deutschen Welle, dass männliche Pakistaner an diesem Sonntag nichts zu Essen bekommen hätten. Sie wüssten nicht, was das bedeuten könnte. Auf seine Situation angesprochen, erklärt Mohamed, dass er als Minderjähriger nicht zurückgeführt werden dürfe. Als er vor einigen Tagen ins Lager kam, wurde ihm bei der Registrierung unterstellt, er sei 22 oder 23 Jahre alt. Dem Augenschein zufolge trifft das allerdings nicht zu.
Demonstrationen gegen die Rückführung
Nach bisherigen Informationen sollen die ersten Boote mit Flüchtlingen den griechischen Hafen am Montag um zehn Uhr verlassen. Vielleicht starten sie aber auch früher. Denn für neun Uhr ist eine Demonstration nahe der Anlegestellen ankündigt worden. Nichtregierungsorganisationen und Aktivisten wollen gegen die Rückführungen protestieren. Die griechischen Behörden fürchten Ausschreitungen und haben Spezialkräfte vom Festland nach Lesbos verlegt.
Auf der Insel halten sich inzwischen auch rund 350 Polizisten aus Estland, Frankreich, den Niederlanden und anderen EU-Staaten auf, um im Auftrag der EU-Grenzschutzagentur die Rückführung in die Türkei zu übernehmen. Sie werden die Migranten bei der Fahrt mit den Bussen vom Lager Moria zum Hafen von Mytilini begleiten und später auch bei der Fahrt ins türkische Dikili dabei sein. Dabei wird offenbar jedem Flüchtling ein Frontex-Polizist zugeteilt.