Filmfest Hamburg startet mit "Lucky"
5. Oktober 2017Es dürfte eine wehmütige Eröffnung werden. Das Filmfest Hamburg (5.-14. Oktober) beginnt mit dem Film "Lucky", in dem der US-amerikanische Schauspieler Harry Dean Stanton in seiner letzten Rolle zu sehen ist. Harry Dean Stanton, in Deutschland vor allem durch seinen Auftritt im Wim-Wenders-Klassiker "Paris, Texas" bekannt, war vor rund drei Wochen im Alter von 91 Jahren gestorben. "Lucky" ist das Porträt eines kauzigen Außenseiters, der mutterseelenallein in der Wüste von Arizona lebt.
Volker Schlöndorff: Krimi fürs Fernsehen
Insgesamt werden in Hamburg rund 130 Produktionen aufgeführt, darunter viele Welt- und Europapremieren. Regisseurinnen und Regisseure aus knapp 60 Ländern sind in Hamburg vertreten. Das deutsche Kino ist dabei sehr präsent; zum ersten Mal ist zum Beispiel der neue Film von Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff zu sehen, "Der namenlose Tag". Die Fernsehproduktion ist die Verfilmung eines Friedrich-Ani-Krimis.
Für Gesprächsstoff dürfte der in Russland höchst umstrittene Film "Mathilde" sorgen, in dem der deutsche Schauspieler Lars Eidinger den Zaren-Thronfolger Nikolaus spielt. "Mathilde" hatte in Russland zu heftigen Protesten geführt, obwohl er dort noch gar nicht in den Kinos zu sehen ist. Konservative orthodoxe Kreise hatten sich gegen das im Film gezeichnete Bild des späteren Zaren Nikolaus II. gewandt, weil Regisseur Alexej Utschitel dem Herrscher angeblich zu wenig Respekt gezollt habe. In "Mathilde" geht es um die Liebschaft des Zaren-Anwärters mit der Primaballerina Matilda Kschessinskaja. Der Film kommt in Russland am 26. Oktober in die Kinos, in Deutschland eine Woche später.
Wim Wenders bekommt Douglas-Sirk-Filmpreis
Während des Festivals werden in Hamburg zehn Preise verliehen. Der renommierte Douglas-Sirk-Preis geht in diesem Jahr an den deutschen Regisseur Wim Wenders, der in der Hansestadt seinen neuen Film "Submergence" erstmals vor deutschem Publikum präsentiert.
Das Auswärtige Amt hat den in Hamburg zum ersten Mal ausgelobten Filmpreis "Sichtwechsel" initiiert. Der soll an Regisseurinnen und Regisseure gehen, die "über nationale und kulturelle Grenzen hinweg in anderen Ländern arbeiten und Filme realisieren". Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. Es bewerben sich elf Beiträge aus allen Sektionen des Festivals, darunter Werke aus Argentinien, Afghanistan, den USA, Frankreich, Polen und Deutschland.
"Sichtwechsel"-Preis will Filme würdigen, die Grenzen überschreiten
Das Auswärtige Amt will damit "in Zeiten eines wachsenden Nationalismus und einer Tendenz der Abschottung" einen Beitrag für die Filmkultur leisten: "Der 'Sichtwechsel'-Filmpreis würdigt Filme, die genau zu diesem Wechsel der Perspektive auffordern", so Außenminister Sigmar Gabriel. Er sei besonders denen gewidmet, "die ihre wichtige künstlerische Arbeit im Exil fortsetzen mussten oder müssen." Das Auswärtige Amt verwies in diesem Zusammenhang auch auf die deutsche Geschichte: "Allein aus der deutschen Vergangenheit kennen wir zahlreiche Filmschaffende von Weltgeltung, die ihre Heimat verlassen mussten, um ihr Wirken fortsetzen zu können." Es sei deshalb "nur richtig, wenn wir es heute sind, die den verfolgten Filmemachern eine Heimat bieten."
Mit Spannung erwartet wird darüber hinaus in Hamburg die deutsche Premiere des neuen Films von Frankreichs Meisterregisseur François Ozon. In "L'Amant Double" entwickelt Ozon das Psychogramm eines ehemaligen Modells, das eine Therapie beginnt, die einen verhängnisvollen Verlauf nimmt. Am 15. Oktober wird das Hamburg Filmfestival dann mit der deutschen Erstaufführung des diesjährigen Gewinners der Goldenen Palme, "The Square", beendet. Der schwedische Regisseur Ruben Östlund nimmt dabei die Auswüchse des modernen Kunstmarktes aufs Korn.