"Festung Österreich" für mehr Grenzschutz
1. April 2016Österreich habe davon profitiert, dass die Balkanroute geschlossen bleibe, sagte der österreichische Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil beim Treffen der Staaten der Zentraleuropäischen Vereinigung (CEDC) in Wien am Freitag. Neben den Verteidigungsministern aus Österreich, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei waren auch ihre Amtskollegen aus Polen, Serbien, Mazedonien und Montenegro dabei.
Die Minister einigten sich auf die Grundlagen einer gemischten zivil-militärischen Mission, die schnell und flexibel an den EU-Außengrenzen agieren soll, um die europäische Grenzschutzbehörde Frontex zu unterstützen. "Alle hier sind bemüht und bereit, an den Vorschlägen für eine gemeinsame europäische Lösung zu arbeiten", so Doskozil. Kein Staat solle in der Flüchtlingskrise alleingelassen werden: "Wenn ein Staat sich Unterstützung wünscht, dann wollen wir auch gemeinsam helfen."
Vorschlag für die EU und ganz Europa
Die Resolution zu dieser gemeinsamen Linie bei der Grenzsicherung soll auch beim nächsten Treffen der EU-Verteidigungsminister in Luxemburg auf europäischer Ebene vorgelegt werden. "Erst im zweiten Schritt wollen wir uns anschauen, wie diese zivil-militärische Mission konkret aussieht und welches Land wie viele Soldaten wohin schickt. Jetzt geht es darum, eine gemeinsame europäische Linie zu finden, wobei der Fokus auf Grenzsicherung, Registrierungen und Rückführungen liegt", so Doskozil.
Nur einen Tag vor dem Treffen in Wien hatte die österreichische Regierung eine Verschärfung des Asylrechts angekündigt. Doskozil und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gehen davon aus, dass die anhaltende Flüchtlingsbewegung die "öffentliche Ordnung und innere Sicherheit" gefährden würde. Daher könne Österreich die Zulassung zum Asylverfahren einschränken: "Wir werden keine Asylanträge zulassen, außer wir müssen das tun aufgrund gewisser Kriterien wie Artikel 8 der Menschenrechtskonvention", kündigte Mikl-Leitner an. In Artikel 8 ist das Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens verankert, das die Familienzusammenführung regelt.
Ebenfalls zum Asylverfahren zugelassen werden sollen Personen, denen durch die Zurückweisung in ein Nachbarland eine unmenschliche Behandlung oder sogar der Tod drohen würde. In allen anderen Fällen sollen die Flüchtlinge in jenes Nachbarland zurückgeschickt werden, aus dem sie nach Österreich gekommen sind.
"Politik der Härte"
Solche Tendenzen in der Flüchtlingspolitik findet der Wiener Politologe Vedran Dzihic bedenklich. "Daraus wird eine Politik der Härte, die wir derzeit sehen. Die Westbalkan-Staaten können in dieser Frage mit der Unterstützung Österreichs rechnen, solange es um die praktische Umsetzung der Blockade der Westbalkanroute geht", so der Politikwissenschaftler. Man erwarte sich aber in einzelnen Fällen politische Unterstützung innerhalb der EU, die dann jeweils länderspezifisch aussieht. "Ich bin aber der Meinung, dass Deals in dieser Frage derzeit in der Region gefährlich sind. In vielen Staaten breiten sich autoritäre Tendenzen aus, die nationalen Machthaber verlangen für ihre Zustimmung und Umsetzung der Flüchtlingspläne einfach Unterstützung, und diese kann letztlich nach hinten losgehen und in noch stärkeren autoritären Tendenzen münden", warnt Dzihic.
Vor allem solle man die Linie zum Einsatz des Militärs nicht überschreiten: "Die Bilder von den Grenzen, zum Beispiel aus Idomeni, sind auch ohne Militäreinsatz sehr verstörend, beunruhigend und zuweilen brutal. Jedenfalls merkt man dort nichts von einem freundlichen Gesicht Europas", so der Politikwissenschaftler aus Wien. In der derzeitigen Situation wolle man seitens Österreichs und einiger weiterer Staaten alle Vorkehrungen - auch militärische - treffen, um auch in Zukunft sicherzustellen, dass die Westbalkanroute geschlossen bleibe. "Die Staaten der Region werden da mitmachen. Als Gegenleistung werden sie, wie bislang, formelle Unterstützung auf dem Weg Richtung EU und informell Unterstützung für die jeweiligen Regierungen und ihren Kurs verlangen", glaubt Dzihic.
Doch Österreich hält an seinem schärferen Kurs fest. Bisher konnten Flüchtlinge nicht nur an der Grenze, sondern in jeder Polizeiwache in Österreich einen Asylantrag stellen. Künftig wird das nur noch in Registrierungszentren entlang der Grenze möglich sein. Dort dürfen Asylbewerber bis zu 120 Stunden festgehalten werden. In dieser Zeit prüfen die Beamten, ob der Asylantrag angenommen wird oder nicht. Verschiedene Medien im Land sprechen schon von einer "Festung Österreich". Auch Grenzkontrollen will Verteidigungsminister Doskozil intensivieren. Seine Botschaft nach Deutschland: "Dort, wo wir Grenzkontrollen durchführen, wird es auch kein Durchwinken mehr geben."