Bayern und Real: Vereint in der Krise
8. Oktober 2018Als hätten sie sich abgesprochen. Nach jeweils gutem Saisonstart läuft seit dem 22. September sowohl beim deutschen, als auch beim spanischen Rekordmeister kaum noch etwas zusammen. An jenem Samstag feierten der FC Bayern (2:0 bei Schalke 04) und Real Madrid (1:0 gegen Espanyol Barcelona) ihre letzten Siege. Seitdem setzte es für die "Königlichen" aus Madrid drei Niederlagen (0:3 beim FC Sevilla, 0:1 in der Champions League bei ZSKA Moskau, 0:1 bei CD Alaves) und ein Unentschieden (0:0 gegen Atletico), für die Bayern zwei Remis (jeweils 1:1 gegen den FC Augsburg und in der Königsklasse gegen Ajax Amsterdam) und zwei verlorene Spiele (0:2 bei Hertha BSC und 0:3 gegen Borussia Mönchengladbach).
Dabei war für beide Renommierklubs am vergangenen Samstag ein absoluter Tiefpunkt erreicht: Die Bayern kassierten nach einer desolaten Leistung ihre bisher höchste Heimniederlage gegen Gladbach. Real blamierte sich beim baskischen Fußballzwerg Alaves und kassierte dort erstmals seit 1931 wieder eine Niederlage. Zudem blieben die Madrilenen zum vierten Mal in Serie nicht nur sieg-, sondern auch torlos. Das gab es zuletzt vor 33 Jahren.
Wie lange halten sich Lopetegui und Kovac noch?
Damals musste Real-Trainer Amancio Amaro seinen Hut nehmen. Auch jetzt wird in Spanien heftig darüber diskutiert, ob Julen Lopetegui gehen muss oder nicht. Dabei ist der 52 Jahre alte Baske erst seit dem Sommer in Madrid als Nachfolger des zurückgetretenen französischen Erfolgstrainers Zinedine Zidane in Amt und Würden. Seine geheimen Vertragsverhandlungen mit Real hatten Lopetegui unmittelbar vor dem WM-Start in Russland seinen Job als spanischer Nationaltrainer gekostet. Ein Trainerwechsel wäre "verrückt", sagte Real-Kapitän Sergio Ramos nach der Pleite in Alaves, "aber es gibt andere Leute, die diese Entscheidungen treffen."
Ramos Worte könnten auch für Niko Kovac gelten. Wie Lopetegui sitzt der in Berlin geborene Kroate, der in einer Woche 47 Jahre alt wird, erst seit Saisonbeginn auf der Bank. Und auch ihm bläst nach der Serie von vier Spielen ohne Sieg der Wind ins Gesicht. "Ich kenne die Mechanismen im Fußball, ich weiß, dass die Zeit beim FC Bayern anders läuft als anderswo", sagte Kovac nach der Heimpleite vom Samstag. Auch wenn Klubpräsident Uli Hoeneß beteuert, "nicht eine Sekunde daran gedacht" zu haben, Kovac nach nur drei Monaten bei den Bayern in die Wüste zu schicken, benötigt der Trainer - um im Bild zu bleiben - dringend eine Oase.
Schlampige Defensive, Sturmflaute
Es ist nicht vorrangig die Tabellensituation - Bayern hat als Tabellen-Sechster vier Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund, Real fehlen als Vierter nur zwei Zähler auf Spitzenreiter FC Sevilla - , sondern die Spielweise der beiden Vorzeigeklubs, die bei Fans und Experten für Kopfschütteln sorgt. Auch hier ähnelt sich die aktuelle Situation. Sowohl die Münchener, als auch die Madrilenen haben, wie in den letzten Jahren gewohnt, viel Ballbesitz, doch die Defensive arbeitet schlampig, und in den Sturmreihen herrscht Flaute.
Ohne seinen zu Juventus Turin abgewanderten bisherigen Torgaranten, den portugiesischen Superstar Cristiano Ronaldo, läuft bei Real vorne wenig zusammen - auch wenn Kapitän Ramos trotzig verkündet: "Mit ihm hatten wir auch Torkrisen." Bayern hat mit Robert Lewandowski zwar noch seinen "Knipser", aber dass er im gesamten Spiel gegen Mönchengladbach auf gerade mal 16 Ballkontakte und zwei Torschüsse kam, spricht Bände. Der polnische Torjäger wird zu selten bedient, ob von den formschwachen "Oldies" Arjen Robben (34 Jahre alt) und Franck Ribery (35), Thomas Müller oder Neuzugang Leon Goretzka.
Viele Verletzte, kaum Verstärkungen
Real und Bayern eint zudem der Umstand, dass die Liste der Verletzten und Kranken lang ist. So fehlt bei Madrid Schlüsselspieler Isco nach einer Blinddarm-Operation noch voraussichtlich bis Ende Oktober. In Alaves mussten mit Karim Benzema und Gareth Bale zwei weitere Offensivstars wegen Verletzungen ausgewechselt werden. Bei den Bayern fehlte gegen Gladbach neben den Langzeitverletzten Corentin Tolisso und Kingsley Coman auch Innenverteidiger Jerome Boateng wegen einer Erkältung mit Fieber, David Alaba musste wegen einer Muskelverletzung vom Platz.
Vielleicht rächt es sich derzeit auch, dass sich die Münchener vor dieser Saison auf dem Transfermarkt sehr zurückhielten, jedoch ehemalige Stammspieler wie Arturo Vidal (an den FC Barcelona) und Juan Bernat (Paris St. Germain) verkauften. Auch hier gibt es Parallelen zu Real: Während Tormaschine Ronaldo Richtung Turin verschwand, heuerte kein neuer Superstar bei den "Königlichen" an. In einer Umfrage der Sportzeitung "Marca" bewerteten 87 Prozent der Befragten den Kader schlechter als in den vergangenen Jahren, als Real dreimal in Serie die Champions League gewonnen hatte.