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FC Bayern gegen PSG - der Vergleich

22. August 2020

Der FC Bayern München und Paris St. Germain kämpfen am Sonntag im Champions-League-Finale in Lissabon um Europas Fußball-Thron. Lewandowski gegen Neymar, Flick gegen Tuchel. Wer hat die besseren Chancen?

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Portugal Lissabon | Champions League Finale | Paris St.Germain-FC Bayern Muenchen
Bild: picture-alliance/dpa/F. Hoermann

Wer hat den größeren psychologischen Druck?

Ganz eindeutig Paris St. Germain. Die Geldgeber aus Katar, die seit der Übernahme des Vereins vor neun Jahren angeblich mehr als 1,5 Milliarden in den Klub investiert haben, machen kein Geheimnis daraus, dass sie den französischen Serienmeister auch an der Spitze Europas sehen wollen. Daran wird letztlich wohl auch der deutsche PSG-Trainer Thomas Tuchel gemessen. Die Champions-League-Bilanz in den vergangenen sieben Saisons war enttäuschend: Viermal scheiterte PSG im Viertelfinale (2013-2016), zuletzt dreimal im Achtelfinale (2017-2019). Der Finaleinzug ist also schon jetzt der größte internationale Erfolg der Vereinsgeschichte. Doch die Katarer wollen im Finale gegen den FC Bayern (Anstoß 21 Uhr MESZ, ab 20.30 Uhr im DW-Liveticker) mehr.

Auch bei den Bayern liegt die Latte hoch. In Deutschland ist der Rekordmeister und -pokalsieger seit Jahren eine Klasse für sich, das mögliche zweite Triple nach 2013 wäre ein weiteres Sahnehäubchen. Im Gegensatz zu PSG waren die Münchener allerdings bereits fünfmal in ihrer Vereinsgeschichte die beste Mannschaft Europas. Eine Niederlage im Finale in Lissabon würde wehtun, wäre aber kein Weltuntergang. 

Wer hat den besseren Torwart?

Vorteil FC Bayern. PSG-Stammtorwart Keylor Navas - er gewann mit Real Madrid dreimal die Champions League (2016-2018) - verletzte sich im Viertelfinale gegen Atalanta Bergamo am Oberschenkel und konnte deshalb im Halbfinale gegen RB Leipzig nicht spielen. Ob der 33 Jahre alte Costa-Ricaner, der am Donnerstag wieder ins Training einstieg, im Finale am Sonntag wieder topfit ist, erscheint zumindest fraglich.

Champions League Halbfinale Lyon Bayern München Neuer
Manuel Neuer (r.) war im Halbfinale gegen Olympique Lyon immer auf dem PostenBild: Getty Images/AFP/F. Fife

Bayern-Trainer Manuel Neuer dagegen präsentierte sich in der Vorschlussrunde gegen Lyon in Weltklasseform. Man spürt: Der 34-Jährige ist heiß darauf, seinen zweiten Champions-League-Titel nach 2013 zu gewinnen.

Wer hat die stabilere Defensive?

Vorteil PSG. Die Tuchel-Mannschaft hat in dieser Champions-League-Saison nur fünf Gegentreffer kassiert und stellt damit die beste Defensive aller beteiligten Teams. Der 35 Jahre alte Innenverteidiger Thiago Silva ist der ruhende Pol im Zentrum. Als Vorteil könnte sich auch erweisen, dass die Ex-Bundesliga-Profis Thilo Kehrer, ausgebildet beim FC Schalke 04, und Juan Bernat, der von 2014 bis 2018 bei den Bayern unter Vertrag stand, die Spielweise der Münchner gut kennen.

Die Bayern-Abwehr um David Alaba zeigte sich in der ersten Halbzeit des Halbfinals gegen die schnellen Angreifer Lyons ungewohnt wackelig. "Wir haben zu viele einfache Ballverluste gehabt", räumte Trainer Hansi Flick ein. "Das sind Dinge, die wir möglichst schnell abstellen müssen."

Wer hat das kreativere Mittelfeld?

Hier liegen die Bayern vorn. Wenn Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Thiago und Thomas Müller ihr gnadenloses Pressing umsetzen und ins Rollen kommen, sind die Bayern nur schwer zu stoppen - wie der FC Barcelona beim 2:8 im Viertelfinale leidvoll erfahren musste. Das PSG-Mittelfeld um den Brasilianer Marquinhos wirkt dagegen eher statisch. Kreativposten Julian Draxler erhielt zuletzt unter Trainer Tuchel wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen.

Wer hat den schlagkräftigeren Sturm?

Eigentlich sollte man hier ein Plus für Paris St. Germain annehmen. Schließlich stehen mit dem französischen Weltmeister Kylian Mbappé und dem brasilianischen Superstar Neymar die beiden teuersten Fußballer der Welt in Reihen des Teams – gemessen an den von PSG gezahlten Transfersummen, die sich zusammen auf rund 400 Millionen Euro beliefen. An einem guten Tag können Mbappé und Neymar jede Abwehr schwindelig spielen.

UEFA Champions League l BVB v PSG | Tor - Neymar
Zeigen die beiden PSG-Superstars Kylian Mbappé und Neymar im Finale ihre ganze Klasse?Bild: Getty Images/AFP/S. Schurmann

Doch in Sachen Effektivität sind nicht Mbappé (fünf Treffer) und Neymar (3 Tore) in dieser Champions-League-Saison das Maß aller Dinge, sondern das Bayern-Sturmduo Robert Lewandowski und Serge Gnabry. Lewandowski hat in jedem seiner neun bisherigen Spiele mindestens einmal getroffen, insgesamt 15-mal. Der Pole führt damit die Torjägerliste der Königsklasse souverän an. Und auch Serge Gnabry, Matchwinner der Bayern im Halbfinale gegen Lyon, bringt es mit insgesamt neun Toren in neun Spielen auf eine beachtliche Quote. Die aktuell schlagkräftigere Offensive haben also die Bayern.

Wer hat den besseren Trainer?

Über diese Frage entscheidet am Ende der Erfolg. Thomas Tuchel auf Seiten von Paris St. Germain gilt als ein Taktikfuchs. Nach außen wirkt er zuweilen unnahbar. Doch der 46-jährige Deutsche hat es geschafft, die hochkarätigen PSG-Stars zu einer Mannschaft zu formen. Zweimal wurde er mit Paris französischer Meister, in diesem Jahr schaffte er das Double. Jetzt könnte es sogar ein Triple werden.

Doch das gilt auch für sein Gegenüber an diesem Sonntag, Hansi Flick. Trotz seiner Erfolge mit den Bayern ist der 55-Jährige noch immer ein heißer Kandidat für den am meisten unterschätzten Trainer. Bei seinen öffentlichen Auftritten wirkt der frühere Assistent von Bundestrainer Joachim Löw häufig ungelenk. Bei seinen Spielern trifft er jedoch allem Anschein nach den richtigen Ton. Die Bayern unter Flick sind im Vergleich zu den Bayern unter seinem Vorgänger Niko Kovac kaum wiederzuerkennen. Als Beispiel soll Thomas Müller genügen: Der Weltmeister von 2014 erlebt unter Flick einen kaum mehr für möglich gehaltenen zweiten Frühling. Sollten sich die Münchner das Triple sichern, würden wohl auch die letzten Zweifler an Flicks Fähigkeiten verstummen.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter