Faktencheck: Vier Behauptungen über Sonnencreme
3. Juli 2023Viele Menschen bekommen gerade im Sommer immer mal wieder Sonnenbrand - dabei gibt es neben Hut und Kleidung eigentlich ein gutes Mittel gegen Sonnenschäden auf der Haut: Sonnenschutzcreme. Einige Menschen stehen der Creme oder dem Spray allerdings skeptisch gegenüber, im Netz kursieren zahlreiche Behauptungen dazu. Welche davon stimmen, welche sind irreführend oder unbelegt?
Behauptung: "Sonnencremes enthalten krebserregende Stoffe", sagt beispielsweise diese TikTok-Userin. Das Ganze sei umso bizarrer, da Sonnencremes uns ja eigentlich vor Hautkrebs schützen sollten. Alle chemischen Sonnencremes seien krebserregend und deswegen sollten Menschen nur sogenannte mineralische Sonnencremes nutzen, die viel gesünder seien. Kurz darauf postet die Frau einen Gutscheincode für eine mineralische Sonnencreme - macht also Werbung für diese.
DW-Faktencheck: Unbelegt.
Die Aussage der Nutzerin lässt sich nicht beweisen. "Sonnencremes enthalten grundsätzlich keine krebserregenden Stoffe", erklärt die Dermatologin Uta Schlossberger im DW-Interview. Und auch die Hautärztin Hope Mitchell bestätigt der DW: "Es gibt keine Beweise dafür, dass Sonnencremes Krebs verursachen." Aber warum behaupten zahlreiche Social-Media-Nutzer das dann überhaupt? Dazu müssen wir uns die Details anschauen.
Unterschiede zwischen Filtern
Der Hauptunterschied zwischen mineralischen und chemischen Filtern besteht darin, wie sie mit den Sonnenstrahlen umgehen. Mineralische Sonnenschutzmitteln bilden eine Barriere auf der Haut , die das UV-Licht reflektiert. Sie ziehen nicht in die Haut ein und sind dementsprechend häufig an einem kreidigen, weißen Aussehen erkennbar. Aktuell gibt es keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass sich in mineralischen Sonnenschutzcremes krebserregende Stoffe befinden.
Viele Menschen präferieren allerdings chemische Sonnenschutzcremes, da sie nahezu unsichtbar auf der Haut sind. Diese Cremes müssen alle paar Stunden wiederholt aufgetragen werden, da sie schneller abgenutzt werden. Sie enthalten chemische Stoffe, die ihre chemische Struktur verändern und von der Haut aufgenommen werden und so Sonnenschäden abwehren. Es gibt auch hier keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass chemische Sonnencremes für Menschen krebserregende Stoffe enthalten.
In manchen Sonnenschutzmitteln befindet sich allerdings der synthetische UV-Filter Octocrylen. Eine Studie von 2021 fand heraus, dass Octocrylen sich mit der Zeit zu Benzophenon zersetzen kann. An Tieren könne Benzophenon zu Schäden führen, erklärt Hautärztin Schlossberger. Dies bestätigt auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO): Der Filter gilt bei Tieren als krebserregend, bei Menschen als "möglicherweise krebserregend". Wissenschaftlich bewiesen eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen aber nicht.
Dermatologen empfehlen dennoch für alle Fälle, keine alte chemische Sonnencreme aus dem Vorjahr zu verwenden, falls diese Octocrylen enthält, sondern sich jedes Jahr eine neue zu kaufen.
Zudem gibt es Bedenken, dass manche der Chemikalien in einigen Sonnenschutzmitteln bei Menschen Krebs verursachen könnten, insbesondere hormonell wirksame Stoffe.
Abgesehen von der Frage, ob Sonnenschutzmittel krebserregend sind oder nicht, sind in den letzten Jahren auch andere potenziell schädliche Inhaltsstoffe in den Blickpunkt der Wissenschaft gerückt. So hat die US-amerikanische Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) mehr Daten über mehrere Inhaltsstoffe angefordert, die bei der Verwendung von Sonnenschutzmitteln in den Blutkreislauf des Körpers gelangen.
Führt das Tragen von Sonnencreme zu Vitamin-D-Mangel?
Behauptung: "Sonnencreme führt zu Vitamin-D-Mangel", sagen mittlerweile so viele User auf sozialen Netzwerken, dass viele Dermatologen in Videos über diesen Mythos aufklären. Zum Beispiel auch diese Hautärztin auf TikTok oder diese aus den USA.
DW-Faktencheck: Falsch.
Der Konsens unter Expertinnen und Experten lautet: Sonnencremes verursachen keinen Vitamin-D-Mangel. In diesem wissenschaftlichen Artikel etwa heißt es: Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF) würden zwar den größten Teil der UVB-Strahlung der Sonne herausfiltern, und gleichzeitig seien UVB-Wellenlängen diejenigen, die die Vitamin-D-Produktion in der Haut auslösen. "Klinische Studien haben jedoch nie ergeben, dass die tägliche Verwendung von Sonnenschutzmitteln zu einem Vitamin-D-Mangel führt. Tatsächlich zeigen die vorherrschenden Studien, dass Menschen, die täglich Sonnenschutzmittel verwenden, ihren Vitamin-D-Spiegel dennoch aufrechterhalten können."
Auch mit Sonnenschutzmittel auf der Haut wird Vitamin D aufgenommen
Auch diese Studie des King's College in London kommt zu der Erkenntnis, dass auch wenn ein Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor korrekt aufgetragen wurde, es nicht zu einen Vitamin-D-Mangel in den Probanden kommt. Professor Antony Young, Hauptautor der Studie, erklärt: "Unsere Studie, die während einer Woche mit perfektem Wetter auf Teneriffa durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass Sonnenschutzmittel selbst bei optimaler Anwendung zur Vermeidung von Sonnenbrand eine hervorragende Vitamin-D-Synthese ermöglicht."
Ein Vitamin-D-Mangel durch Sonnencremenutzung ist laut Schlossberger deshalb nicht möglich, weil diese nicht 100% der UVB-Strahlen blockieren (siehe Infografik). Die übrigen Prozent, die noch durchkämen, würden ausreichen, um den Vitamin-D-Spiegel aufrechtzuerhalten.
Brauchen Schwarze und People of Color keine Sonnencreme?
Behauptung: "Schwarze Menschen brauchen keine Sonnencreme", behauptet ein Influencer mit mehr als zwei Millionen Followern auf TikTok. Das Video, in dem er seinem Baby "beibringt", dass Schwarze keine Sonnencreme brauchen, hat mehr als 600.000 Views.
DW-Faktencheck: Falsch.
Diese Behauptung wird in den Sozialen Medien immer wieder bemüht - doch sie stimmt nicht. Zwar können sich Menschen mit dunklerem Hauttyp etwas länger ohne Sonnenschutz in der Sonne aufhalten, ohne Hautschäden davonzutragen, erklärt Uta Schlossberger im DW-Interview. Einen vollständigen Sonnenschutz habe jedoch niemand. Jeder Mensch könne Sonnenbrand bekommen.
Jeder Hauttyp braucht Sonnenschutz
Zum Hintergrund: In der Dermatologie wird zwischen sechs verschiedenen Hauttypen unterschieden: Hauttyp eins bedeutet dabei beispielsweise, dass ein Mensch eine sehr helle und gegenüber Sonne besonders empfindliche Haut hat. Hauttyp sechs wird derweil als "schwarze Haut" beschrieben, die hochpigmentiert und deutlich unempfindlicher ist. Je dunkler der Hauttyp, desto länger kann sich ein Mensch also in der Sonne aufhalten, ohne einen Sonnenbrand zu erleiden.
Die Dermatologin Hope Mitchell erklärt dazu im DW-Interview: "Wir wissen, dass starkpigmentierte Haut einen natürlichen Lichtschutzfaktor von etwa 13 hat." Ein zusätzlicher Lichtschutzfaktor von 30 halte einen höheren Prozentsatz an ultravioletten Strahlen ab, erläutert sie weiter. Auch nach Angaben der Amerikanischen Akademie der Dermatologie ist Lichtschutzfaktor 30 das Minimum, das alle Menschen unabhängig von ihrem Hautton auftragen sollten.
Kann vegane Ernährung wirklich vor einen Sonnenbrand schützen?
Behauptung: Man brauche keinen Sonnenschutz auftragen, wird von so einigen TikTokern behauptet, etwa auch von dieser Influencerin mit fast 30.000 Followern. In mehreren Videos erklärt sie, dass sie und ihr Baby keinen Sonnenschutz benutzen würden, weil ihre vegane Ernährung Schutz genug sei.
DW-Faktencheck: Falsch.
Experten widersprechen dieser Aussage vehement. "Das halte ich für sehr gefährlich," sagt Schlossberger im Gespräch mit der DW. Laut der Dermatologin könne man durch eine bessere Ernährung zwar einen besseren Reparaturmechanismus der Haut erreichen - jedoch keinen Sonnenschutz aufbauen.
Einen positiven Effekt sollen Möhren haben. So schreibt etwa die Verbraucherzentrale in Südtirol, Beta-Carotin trage "ebenso wie andere Carotinoide, Vitamine (vor allem C und E) und Spurenelemente (vor allem Selen), dazu bei, Hautschäden durch UV-Strahlung zu verhindern bzw. zu reparieren." Aber: "Als alleiniger Sonnenschutz ist die Aufnahme von Beta-Carotin bei Weitem nicht ausreichend und kein Ersatz für eine Sonnencreme." Auch die Deutsche Krebsgesellschaft bestätigt, dass sekundäre Pflanzenstoffe zwar ein wenig zum Sonnenschutz beitragen können, sich aber nicht als alleiniger Schutz empfehlen.