Ex-Finanzminister soll in den USA vor Gericht
9. Januar 2019Seit fast drei Jahren sorgt in Mosambik ein Finanzskandal für Aufregung: Anfang 2016 kam ans Licht, dass die Regierung von Armando Guebuza von 2013 bis 2014 drei halbstaatlichen Unternehmen die Genehmigung erteilte, Kredite in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar aufzunehmen. Angeblich sollte das Geld für die Anschaffung von Thunfischkuttern verwendet werden. Doch es kam gar nicht erst vollständig bei den Firmen an. Ein Großteil der Milliarden versickerte. Bei einem Kredit in dieser Höhe hätte die Regierung das Parlament befragen müssen - doch das wurde umgangen.
Nun soll mehreren mutmaßlichen Drahtziehern der Prozess gemacht werden - doch nicht in Mosambik, sondern in den Vereinigten Staaten. Die Staatsanwaltschaft in New York hat Anklage wegen Geldwäsche und Betrugs amerikanischer Investoren erhoben. Mehrere Personen, darunter Mosambiks Ex-Finanzminister, drei ehemalige Bänker der schweizer Bank Credit Suisse sowie ein libanesischer Geschäftsmann wurden bereits festgenommen. Außerdem ermittelt die US-Justiz gegen die russische Bank VTB und die französische BNP Paribas.
Ermittlungen in höchsten Regierungskreisen
Großes Aufsehen erregte im Dezember die Verhaftung von Manuel Chang, des Ex-Finanzministers von Mosambik. Der soll "maritime Projekte als Fassaden für die eigene Bereicherung" geschaffen und Teile der Darlehen vorsätzlich umgeleitet haben, um Bestechungs- und Schmiergelder in Millionenhöhe zu kassieren, heißt es in der öffentlich nicht zugänglichen Anklage, die der DW vorliegt. Nach einem Amtshilfeersuchen der Amerikaner wurde Chang in Südafrika verhaftet.
Doch der Ex-Finanzminister handelte nicht allein, glauben die Ankläger. Der führende Drahtzieher des Milliardenbetrugs soll António Carlos do Rosário gewesen sein, ein Agent des mosambikanischen Geheimdiensts SISE, sagt der investigative Journalist Baltazar Fael vom Zentrum für öffentliche Integrität (CIP) im DW-Interview. Inwieweit der damalige Staatspräsident Guebuza und der damalige Verteidigungsminister und heutige Präsident Filipe Nyusi in den Finanzskandal involviert seien, sei noch nicht abschließend geklärt, betont Fael. Seine Recherchen deuteten jedoch darauf hin, dass das Geschäft ohne Wissen dieser beiden Protagonisten kaum möglich gewesen wäre.
Armando Guebuza sei in der Zeit seiner Präsidentschaft zu einem der mächtigsten und reichsten Unternehmer Afrikas aufgestiegen, sagt Fael. Unter internationalen Geschäftsleuten trage er den Spitznamen "Guebusiness". Es sei schwer vorstellbar, dass irgendetwas ohne sein Wissen zustande gekommen sei. Und auch Nyusis Mitwissen sei keineswegs unwahrscheinlich. Ein Teil der Gelder wurde illegal zur Beschaffung von Waffen benutzt. "Wer glaubt schon, dass er ehemalige Verteidigungsminister davon Nichts wusste?", fragt Baltazar Fael. "Von wem werden diese beiden Protagonisten geschützt?"
Verletzung der staatlichen Souveränität?
Tatsächlich finden sich in der vorliegenden Anklageschrift der US-Staatsanwälte Hinweise darauf, dass Spitzenbeamte des Verteidigungsministeriums, des Innenministeriums sowie der Luftwaffe involviert waren. Der damalige Verteidigungsminister und heutige Präsident, Filipe Nyusi, wird in der Anklageschrift nicht explizit erwähnt. Doch die meisten Namen und Adressen sind in dem Dokument geschwärzt.
Die Vereinigten Staaten haben Südafrika aufgefordert, Manuel Chang auszuliefern. Nicht alle Mosambikaner sind mit dem Vorgehen der Amerikaner einverstanden. "Ich denke, es wäre zumindest aus formaler Sicht besser gewesen, wenn sich die US-Behörden vorher an unseren Staat gewendet hätten, um Chang zu verhaften", sagt der mosambikanische Soziologe Elísio Macamo im DW-Interview. "Erst wenn Mosambik sich geweigert hätte, Chang zu verhaften und auszuliefern, wäre eine Verfolgung und Verhaftung im Ausland gerechtfertigt gewesen."
"Der Strafrechtsexperte Elísio de Sousa erinnert daran, dass das Hauptverbrechen Changs - Geldwäsche - in Mosambik begangen worden sei. Auch die Hauptgeschädigten seien in Mosambik. "In einem solchen Fall sollte die mosambikanische Gerichtsbarkeit zuständig sein und nicht die amerikanische", sagt de Sousa.
Aufarbeitung im Wahljahr
Der amtierende Präsident Filipe Nyusi hatte zwar Aufklärung versprochen, doch seit Bekanntwerden des Skandals ist in Mosambik selbst bisher nichts passiert Die "versteckten Schulden" stürzten Mosambik in eine Finanzkrise, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind und das Land in eine dramatische Lage bringen.
Der anstehende Prozess und die Verhaftungen machen der mosambikanischen Zivilgesellschaft Hoffnung: Das CIP forderte erneut die sofortige Aussetzung der Restrukturierung der Schulden der betroffenen Unternehmen Ematum, Proindicus und MAM. Es gebe hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Kredite illegal abgeschlossen worden seien, hieß es. Die Organisation möchte erreichen, dass die Drahtzieher und die am Finanzskandal beteiligten Banken die Kosten tragen - und nicht der mosambikanische Staat.
Auch die Regierungspartei Frelimo spürt inzwischen die Auswirkungen der Kontroverse. "Die Partei ist gespalten und verliert zunehmend an Zustimmung", sagt Baltazar Fael. Die weitere Aufarbeitung des Skandals könnte im Land weitreichende Folgen haben: Im Oktober wählen die Mosambikaner einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament.
Mitarbeit: Nádia Issufo