Europawahl: Nun sind Iren und Tschechen an der Reihe
7. Juni 2024Iren sind offenbar Frühaufsteher: An diesem Freitag öffneten um 7 Uhr Ortszeit die Wahllokale auf der Grünen Insel. Zum ersten Mal bei einer Europawahl sind auch in Irland Migration und das Asylsystem zu den wichtigsten Themen geworden.
Viele irische Kandidaten treten mit einem Anti-Einwanderungsprogramm an, entweder als Unabhängige oder als Mitglieder verschiedener nationalistischer Kleinparteien, die bisher nur begrenzten Erfolg an den Wahlurnen hatten.
Fremdenfeindliche Stimmung
Rund 20 Prozent der irischen Bevölkerung sind im Ausland geboren, und in diesem Jahr kam eine Rekordzahl von Asylbewerbern in Irland an. Bei vielen Bürgern hat sich inzwischen eine fremdenfeindliche Stimmung breitgemacht.
Die wichtigste Frage bleibt jedoch: Wird die Mitte-Rechts-Partei Fine Gael von Premierminister Simon Harris mehr Stimmen bekommen als die wichtigste Oppositionspartei Sinn Fein? Wer in der Wählergunst vorne liegt, wird sich auch direkt im Land selbst widerspiegeln, da zeitgleich in Irland auch Kommunalwahlen stattfinden.
Die Unterstützung für die linksnationalistische Sinn Fein ist in letzter Zeit stark zurückgegangen, da ihre fortschrittlichen und einwanderungsfreundlichen Positionen bei vielen Wählern aus der Arbeiterklasse auf Ablehnung stoßen. Mit ersten Prognosen des Wahlausgangs wird ab 23 Uhr gerechnet.
Wie hoch wird diesmal die Wahlbeteiligung in Tschechien sein?
Die Tschechen haben noch etwas mehr Zeit, sich zu entscheiden, wem sie ihre Stimme geben. In Tschechien wird nämlich an zwei Tagen gewählt: an diesem Freitag ab 14 Uhr bis zum Samstagmittag.
Ob das die Bürger scharenweise in die Wahllokale treibt, scheint fraglich: Bei der letzten Europawahl vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung gerade mal bei 28,72 Prozent. Umfragen sehen die zentristische ANO-Bewegung des Milliardärs und ehemaligen Premierministers Andrej Babis in Führung vor einer Mitte-Rechts-Koalition.
Am Samstag beginnt die Stimmenabgabe zudem in Italien, Lettland, der Slowakei, Malta. Dann wird auch in Frankreichs Überseegebieten gewählt. In Deutschland wie in den meisten anderen EU-Ländern ist der einzige Wahltag Sonntag, der 9. Juni. EU-weit wird mit einem Rechtsruck gerechnet.
Überraschung bei Wahlauftakt in den Niederlanden
Diese Prognose gab es auch für die Niederlande, wo die Bürger bereits am Donnerstag zur Europawahl aufgerufen waren. Laut einer Nachwahlbefragung liegt dort aber das Bündnis von Grünen und Linken von Oppositionsführer Frans Timmermans knapp vor der PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders, die in den Umfragen noch vorn gelegen hatte.
Sollte das Endergebnis das Grün-Links-Bündnis als stärkste Kraft bestätigen, wäre dies ein Erfolg für Timmermans, der seit 2019 in Brüssel für das EU-Klimaschutzpaket "Green Deal" zuständig war. Der Sozialdemokrat war Ende August von seinem Amt als Kommissionsvize und EU-Klimakommissar zurückgetreten, um bei der vorgezogenen Parlamentswahl in den Niederlanden als Spitzenkandidat für ein Wahlbündnis aus Sozialdemokraten und Grünen anzutreten. Timmermans' proeuropäisches Bündnis schnitt dann jedoch enttäuschend ab, obwohl es in Meinungsumfragen kurzzeitig vorne lag.
Siegerin wurde damals Geert Wilders' PVV. Seine Rechtsaußenpartei ging zwar als stärkste Kraft aus der niederländischen Parlamentswahl im November hervor, brauchte aber bis Mai, um Koalitionspartner für die Regierungsbildung zu finden.
Das Europaparlament hat seit dem EU-Austritt Großbritanniens 705 Abgeordnete. Nach den Wahlen in den 27 Mitgliedsstaaten soll das Parlament auf 720 Sitze wachsen. Gewählt wird über nationale Listen.
Für jedes Land ist im Parlament dabei eine feste Zahl von Abgeordneten vorgegeben, die von der Bevölkerungszahl abhängt. Deutschland hat mit 96 Sitzen die meisten Mandate. Europaweit sind laut dem Statistikamt Eurostat gut 360 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Ergebnisse für die gesamte Europäische Union sind erst am Sonntagabend zu erwarten, wenn in allen EU-Staaten die Wahllokale geschlossen sind.
AR/sti (afp, rtr, dpa)