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Europaspiele bleiben bei Startverbot

Jonathan Crane
18. April 2023

Bei der Veranstaltung in Polen geht es auch um Qualifikationsplätze für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Da einige Sportarten Aktive aus Russland und Belarus wieder starten lassen wollen, droht die Zerreißprobe.

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Übergabe der Friedensflamme des Europäischen Olympischen Komitees an Polens Präsident Andrzey Duda Anfang April
Übergabe der Friedensflamme des Europäischen Olympischen Komitees an Polens Präsidenten Andrzey Duda Anfang AprilBild: Alessandra Tarantino/AP Photo/picture alliance

Lieber gar nicht, als mit russischen und belarussischen Aktiven. Das haben die Organisatoren der Europaspiele, die im Juni im polnischen Krakau stattfinden sollen, gegenüber der DW klargestellt. Sie wollen unbedingt am Ausschluss von Athletinnen und Athleten beider Staaten festhalten, auch wenn das bedeuten sollte, dass sich möglicherweise einige Sportarten von der Veranstaltung zurückziehen werden. "Ja, wir sind besorgt, dass es ein solches Risiko gibt", sagte der Sprecher der Spiele, Dawid Glen. "Wir sehen, welche Entscheidungen international getroffen werden. Das ändert aber nichts an unserer Position."

Am vergangenen Donnerstag hatte der Internationale Boxverband (IBA) das Internationale Olympische Komitee (IOC) aufgefordert, den Status der Europaspiele als Olympia-Qualifikation zu widerrufen, "um den diskriminierenden Maßnahmen des Europäischen Olympischen Komitees entgegenzuwirken", das die Spiele beaufsichtigt. An der Spitze der IBA steht als Präsident der Russe Umar Krewlew, Hauptsponsor ist der staatliche russische Energiekonzern Gazprom. Der Verband hatte für die bereits ausgetragene Amateurbox-WM der Frauen und die anstehende WM der Männer Aktive aus Russland und Belarus zugelassen, unter deren Nationalflaggen, mit Hymnen.

Die Nationalverbände unter anderem der USA, Deutschlands und Großbritanniens hatten daraufhin in der vergangenen Woche einen eigenen Weltverband mit dem Namen "World Boxing" gegründet. Das IOC hatte im März empfohlen, trotz des weiter andauernden russischen Angriffskriegs in der Ukraine Aktive aus Russland und Belarus wieder starten zu lassen - als "neutrale" Athletinnen und Athleten. Nicht nur die IBA folgte der Empfehlung, sondern auch andere Weltverbände wie jene im Fechten und Taekwondo.

"Dynamische Lage"

Für 19 der 29 in Krakau auf dem Programm stehenden Sportarten, darunter auch Boxen, dienen die Europaspiele als Qualifikationsmöglichkeit für die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris. Die Chancen für russische und belarussische Boxerinnen und Boxer auf eine Olympiateilnahme seien durch den Ausschluss von den Europaspielen "ernsthaft gefährdet", hatte die IBA an das IOC geschrieben.

Von einer "dynamischen Lage" angesichts der Haltung der einzelnen Sportarten sprachen die Organisatoren der Wettbewerbe in Krakau gegenüber der DW. "Wir hoffen, dass dies nicht passieren wird, aber wir würden eher auf die Organisation von Wettbewerben in einer bestimmten Disziplin verzichten, als Russen und Belarussen starten zu lassen", so Sprecher Glen.

Das Verhältnis zwischen IBA und IOC ist seit Jahren angespannt. Für die Olympiaqualifikation im Boxen ist das IOC zuständig. Die Europaspiele gelten als die wichtigste Möglichkeit für europäische Boxerinnen und Boxer, ihr Ticket nach Paris zu buchen. Das IOC lehnte gegenüber der DW eine Stellungnahme zu den Vorgängen um die Europaspiele ab.

Fecht-Wettbewerbe gestrichen

Unklar ist auch die Lage im Fechten. Im März, noch vor den jüngsten IOC-Empfehlungen, beschloss der Internationale Fechtverband (FIE), das seit vergangenem Jahr geltende Startverbot für russische und belarussische Aktive aufzuheben. In der Folge wurden mehrere Weltcupveranstaltungen in Europa abgesagt, darunter auch eine in Deutschland. Der Grund: Die örtlichen Organisatoren hatten nicht garantieren können, dass Startende aus Russland und Belarus Einreisevisa erhielten. Das hatte die FIE jedoch gefordert.

Proteste in Krakau gegen eine Olympiateilnahme von Aktiven aus Russland und Belarus
Proteste in Krakau gegen eine Olympiateilnahme von Aktiven aus Russland und BelarusBild: Beata Zawrzel/NurPhoto/picture alliance

Die Fechterinnen und Fechter sammeln bei Weltcups und anderen kontinentalen Veranstaltungen wie den Europaspielen in Polen (die in diesem Jahr die Europameisterschaften ersetzen) Punkte für die Rangliste, die über die Olympiaqualifikation entscheidet. Fallen Veranstaltungen aus, gibt es für niemanden Punkte. "Die Situation kann so nicht weitergehen", sagte Giorgio Scarso, Präsident des Europäischen Fechtverbands (EFC), der Nachrichtenagentur AFP.

Die EFC will nach eigenen Worten ihre Zusage für die Europaspiele einhalten. "Der Verband hat eine moralische Verpflichtung gegenüber seinen Athletinnen und Athleten, sie nicht zu benachteiligen", erklärte die EFC gegenüber der DW. "Er [der Verband - Anm. d. Red.] hat die Organisation der [Fecht-] Europameisterschaften als Teil der Europaspiele übernommen und wird die Wettkämpfe bis zum erfolgreichen Abschluss weiter organisieren."

Kritiker: IOC zieht die Fäden

Das IOC betont immer wieder, dass mit seiner Empfehlung, Aktive aus Russland und Belarus wieder zuzulassen, noch keine Entscheidung über deren Teilnahme an den Spielen in Paris getroffen worden sei. Vielmehr könnten die Verbände der einzelnen Sportarten entscheiden, ob und wie sie die Empfehlung bei ihren Olympiaqualifikationen umsetzen. Rob Koehler, Chef der Athletenvereinigung Global Athlete, warf dem IOC vor, seine Verantwortlichkeit nicht wahrzunehmen. "Jedem in der Olympischen Bewegung ist klar, dass das IOC die finanzielle Kontrolle über die internationalen Verbände hat und damit die schwachen unter ihnen und auch diejenigen mit Verbindungen zu Russland zwingen kann, den Anweisungen des IOC-Präsidenten zu folgen", sagte Koehler der DW.

Die ukrainische Regierung will sich derweil nicht auf das IOC verlassen. Am vergangenen Freitag erließ sie ein Dekret, nach dem Aktive aus der Ukraine nicht bei Veranstaltungen starten werden, an denen Sportlerinnen und Sportler aus Russland teilnehmen. Das IOC wiederholte daraufhin seinen Standpunkt. Es sei "nicht Sache der Regierungen, zu entscheiden, welche Athleten an welchen internationalen Wettbewerben teilnehmen können". 

Europaspiele-Sprecher Glen sagte, die Organisatoren hätten für ihre Position Aktive aus Russland und Belarus nicht starten zu lassen, "die volle Unterstützung" der polnischen Regierung: "Vor einem Jahr stand Polen an der Spitze der Entscheidung, Russland aus dem Sport auszuschließen. Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir keinen Grund, unsere Position in dieser Frage zu ändern. Der blutige Krieg geht weiter."

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.