Euro 2022: Popp bastelt am EM-Märchen
12. Juli 2022Es geht weiter. Das Märchen, das Alexandra Popp gerade bei der Euro 2022 in England erlebt. Es ist ihre ganz persönliche Erzählung. Eine Geschichte, die sie selbst zu Tränen rührt. Tränen des Glücks. Denn auch beim 2:0 (2:0) im zweiten deutschen EM-Gruppenspiel gegen Spanien im Brentford Community Stadium trug sie wieder dazu bei, dass dieses Märchen auch noch eine Erfolgsstory für alle Beteiligten zu werden verspricht. Mit dem zweiten Sieg im zweiten Turnierspiel hat sich das DFB-Team vorzeitig für das Viertelfinale qualifiziert.
Das frühe 1:0 hatte die spanische Torhüterin Sandra Paños mit einem katastrophalen Fehlpass auf Klara Bühl eingeleitet. Die deutsche Angreiferin nutzte die Gelegenheit zur frühen Führung (3. Minute). Dann die 37. Minute, der Moment für Popp: Einen Eckball köpfte die 31-Jährige unhaltbar zum 2:0 ein. Ihre Freude schrie sie danach unüberhörbar heraus. "Ganz wichtig ist, dass diese Energie, dieser EM-Zauber bei uns vorhanden ist", sagte Popp nach dem Abpfiff.
Tränen nach dem späten Comeback
Es könnte tatsächlich ihre EM werden, nachdem Popp beim Auftaktspiel gegen Dänemark schon einmal beim 4:0-Erfolg - natürlich auch mit dem Kopf - getroffen hatte. Ihre (Glücks-) Tränen konnte die Angreiferin danach nicht zurückhalten. Dabei wäre sie beinahe an diesem europäischen Turnier verzweifelt. Gleich dreimal konnte sie nicht an Europameisterschafen teilnehmen. Vor der EM 2013 machte ihr ein gerissenes Außenband im Knie einen Strich durch die Rechnung. Vor dem EM-Turnier 2017 riss im Trainingslager ihr Außenmeniskus. Und 2021 hätte sie ebenfalls zuschauen müssen, wenn das Turnier nicht wegen der Pandemie auf 2022 verschoben worden wäre. Wieder streikte das Knie, eine Knorpelverletzung.
Sie wurde erst im April 2022 wieder spielfähig - und arbeitete bei ihrem Klub, dem VfL Wolfsburg, und in ihrer Freizeit so hart, dass sie es es am Ende doch noch zur EM-Endrunde nach England schaffte. "Man sieht mich selten weinen, aber in dem Moment sind tatsächlich die Tränen gekullert", sagte Popp damals nach ihrem ersten Einsatz, als sie merkte, dass sie wieder voll belastungsfähig war.
Vertrauen von der Bundestrainerin
Und als dann alles glatt zu laufen schien, bekam sie als einzige deutsche Spielerin in der Vorbereitung Corona - und musste wieder pausieren. Doch auch diesen Rückschlag konnte die Offensivspielerin wegstecken. Auch weil Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg an sie glaubte und auf ihre Erfahrung setzte.
Beide kennen sich bereits seit 2008, als Popp beim FCR Duisburg debütierte und die heutige Bundestrainerin dort Trainerin war. "Wir haben versucht, ihr den Glauben zu geben, dass wir sie in diesem Turnier brauchen mit ihrer Art, weil sie der Mannschaft ein gutes Gefühl gibt und auch beim Gegner etwas auslöst", betonte die Trainerin. Sie sollte Recht behalten.
Alexandra Popp zahlt dieses Vertrauen mit starken Leistungen zurück. Sie ist diejenige, an der sich ihre Kolleginnen aufrichten können. Schließlich ist sie ungemein erfahren: Sieben Meistertitel, neun Pokal- und zwei Champions-League-Erfolge kann Popp vorweisen. Zudem hat sie 2016 Olympiagold gewonnen.
Ihre Ruhe auf dem Spielfeld ist für das deutsche Team Gold wert. Ihre Tore ohnehin. Die deutsche Mannschaft hat sich auch durch Popp in den Favoritenstatus bei diesem Turnier vorgearbeitet. "Wir sind hier hingefahren, um jedes Spiel zu gewinnen", sagte die deutsche Kapitänin mit Blick auf das abschließende Gruppenspiel am Samstag gegen Finnland (Anstoß um 21 Uhr MESZ). Das Märchen kann also weitergehen.