EuGH pfeift Polen beim Richtergesetz zurück
8. April 2020Im Streit um die polnischen Justizreformen hat die Regierung in Warschau eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof erlitten. Die Richter in Luxemburg geben einem Antrag der EU-Kommission auf einstweilige Verfügung statt, wonach die Anwendung eines Gesetzes zur Disziplinierung von Richtern ausgesetzt werden muss.
Ungeachtet internationaler Kritik baut die nationalkonservative PiS-Regierung das Justizwesen Polens seit Jahren um und setzt Richter damit unter wachsenden Druck. Die Reformen landeten schon mehrfach vor dem Europäischen Gerichtshof.
Polen spielt auf Zeit
Nach ihrer Niederlage im Streit über die polnische Justizreform, will der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki den Ball nun an das eigene Verfassungsgericht mit Sitz in Warschau weiterspielen. "Wir werden auf alle Fälle eine Anfrage in dieser Sache an den Verfassungsgerichtshof richten, welche die höchste Berufungsinstanz ist", sagte Morawiecki der Agentur PAP zufolge. Es gehe um die Frage, "inwieweit eine Institution wie der EuGH einstweilige Verfügungen wie diejenige, die wir heute erhalten haben, erlassen darf", sagte der PiS-Politiker.
Im Visier: Disziplinarverfahren gegen Richter
Hintergrund des aktuellen Verfahrens sind die 2017 eingeführten Regelungen für Disziplinarverfahren gegen Richter. Ende März hatte der EuGH erklärt, aus formellen Gründen nicht über die polnischen Disziplinarverfahren selbst zu entscheiden.
Wegen der Disziplinarkammer hatte die Behörde im Januar eine einstweilige Verfügung beim EuGH eingereicht - und bekam nun Recht. Die Kammer ist ein Schlüsselelement der PiS-Reformen. Das Gremium nahm im Herbst 2018 seine Arbeit auf. Es ist zum Großteil mit Juristen und ehemaligen Staatsanwälten aus der Umgebung von Justizminister Zbigniew Ziobro besetzt.
kle/as (dpa, rtre)