EU will Steuerehrlichkeit
22. Mai 2013Die EU sagt dem Steuerbetrug den Kampf an. Ob es um multinationale Konzerne oder reiche Privatpersonen geht, die EU will dafür sorgen, dass jeder seinen finanziellen Beitrag leistet. Die Wirtschaftskrise in Europa hat das Thema nach ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt. Parlamentspräsident Martin Schulz, der am Sondergipfel teilnahm, macht die politische Relevanz des Themas an einem Beispiel deutlich: "Wie will man in einem Land wie Griechenland, wo Menschen dramatische Opfer abverlangt worden sind, wie will man in Deutschland jemandem erklären, der mit Steuern für Hilfspakete in Griechenland beitragen muss, dass gleichzeitig griechische Steuerflüchtlinge Milliarden auf Schweizer Konten transferiert haben?"
Noch gibt es das Bankgeheimnis
Jetzt hat sich ein ganzer Gipfel vor allem mit diesem Thema beschäftigt. Das Ergebnis ist die Absicht, den automatischen Steuerdatenaustausch in der EU und möglichst auch mit Drittstaaten wie der Schweiz einzuführen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "Riesenschritt nach vorn". Noch ist der Datenaustausch aber nicht perfekt. Denn Luxemburg und Österreich haben bisher ein Bankgeheimnis und führen stattdessen anonym eine Quellensteuer an die Heimatländer der ausländischen Anleger ab. Frankreichs Staatspräsident François Hollande regte sich auf, man könne nicht zulassen, "dass sogar innerhalb der EU allein aus Steuergründen Geld in bestimmte Länder verschoben wird."
Luxemburg und Österreich beugen sich
Diese Front der Bremser scheint inzwischen zusammengebrochen zu sein. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sagte in Brüssel: "Ich gehe davon aus, dass wir Ende des Jahres diesen Datenaustausch schaffen." Auch Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker versprach: "Wir werden das Bankgeheimnis aufgeben und einen automatischen Informationsaustausch anstreben, den wir im Januar 2015 einführen wollen." Einen Datenaustausch über andere Einkunftsarten will er dagegen davon abhängig machen, wie Verhandlungen mit einigen europäischen Drittstaaten wie der Schweiz und Liechtenstein laufen. Bei diesen anderen Einkünften geht es allerdings um die wichtigeren, und es ist keinesfalls sicher, ob dabei zum Beispiel Großbritannien mitspielen wird.
Beim Wettbewerb hört die Freundschaft auf
Doch ebenso wichtig wie die Steuerflucht von Privatpersonen nehmen die Staatschefs die - meist legale - Steuervermeidung internationaler Konzerne wie Google, Apple oder Amazon. Manche Unternehmen schaffen es, durch geschickte Aufteilung ihrer Aktivitäten auf verschiedene Staaten nur ganz geringe Steuern zu zahlen. Der britische Premierminister David Cameron bekannte sich einerseits zu niedrigen Unternehmenssteuern. "Aber wir müssen dafür sorgen, dass Unternehmen diese Steuern wirklich zahlen." Besonders in der Kritik steht hier der irische Ministerpräsident Enda Kenny, und zwar sogar von außerhalb Europas: Amerikanische Politiker werfen der Firma Apple vor, durch irische Tochterfirmen Abgaben in den USA zu vermeiden. Kenny bezeichnete in Brüssel die irischen Körperschaftssteuerregeln als "sehr klar und transparent". Das ändert aber nichts daran, dass einige von Kennys europäischen Kollegen Irland einen ruinösen Steuerwettbewerb vorwerfen. Kenny wiederum beharrt auf niedrigen Unternehmenssteuern als Teil seiner Wettbewerbspolitik. Und Steuerpolitik bleibt in der EU Sache der Einzelstaaten. In Wettbewerbsfragen hört denn auch die Gemeinschaftlichkeit auf. Daran hat auch dieser Mini-Gipfel nichts geändert.