EU-Minister einigen sich auf Agrarreform
21. Oktober 2020Die EU-Mitgliedstaaten haben sich nach langem Ringen auf eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik geeinigt. Nach einer Marathonsitzung in Luxemburg verständigten sich die Ressortchefs auf einen Kompromissvorschlag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Die Verhandlungen unter Leitung von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatten bereits am Montagmorgen begonnen.
Die CDU-Politikerin sprach im Anschluss von einem "Meilenstein" und einem "Systemwechsel" hin zu mehr Nachhaltigkeit. Die Einigung sei wohl ausbalanciert zwischen Natur-, Umwelt- und Tierschutz auf der einen Seite und der zu gewährleistenden Ernährungssicherheit in Europa auf der anderen. Dabei müssten Leistungen der Landwirte für den Klimaschutz und das Allgemeinwohl, die nicht die Produktivität steigerten, auch honoriert werden.
Nach Angaben des Rates der Mitgliedstaaten sollen künftig alle Bauern an höhere Umweltstandards gebunden sein. Kleinbauern würden vereinfachten Kontrollen unterworfen, wodurch der Verwaltungsaufwand verringert und gleichzeitig ihr Beitrag zu den Umwelt- und Klimazielen gesichert werde.
Klöckner unterstrich vor allem die Einigung auf Öko-Regeln. Demnach soll jedes EU-Land einen Mindestanteil von 20 Prozent der Direktzahlungen an die Teilnahme der Landwirte an Umweltprogramme knüpfen. Betriebe sollen zusätzliches Geld bekommen, wenn sie über die grundlegenden Klima- und Umweltauflagen hinausgehen.
Zweijährige "Lernphase"
Damit die Mitgliedstaaten keine EU-Mittel verlieren, wenn nicht genügend Bauern an diesen Umweltprogrammen teilnehmen, ist laut Klöckner eine zweijährige "Lernphase" vorgesehen, während derer die für Umweltprogramme reservierten Mittel auch anders abgerufen werden können. Mit diesem Kompromiss wurden auch östliche EU-Länder ins Boot geholt, bei denen die Öko-Regeln besonders umstritten waren.
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sagte nach der Einigung: "Noch vor ein paar Stunden hatten wir weit auseinander gehende Meinungen." Das Ergebnis der Verhandlungen sei "eine gute Nachricht für unsere Landwirte", die für die kommenden Jahre Planungssicherheit benötigten.
Für die EU-Staaten geht es bei der Reform um viel Geld. Die Agrarpolitik ist mit derzeit 387 Milliarden Euro über die nächsten sieben Jahre der größte Posten im EU-Haushalt. Deutschland stehen davon rund 42 Milliarden Euro zu. Die EU-Kommission hatte bereits 2018 eine weitreichende Umgestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die Jahre 2021 bis 2027 vorgeschlagen. Durch die nun beschlossene Übergangsphase treten die neuen Regeln erst ab 2023 vollständig in Kraft.
Parallel debattiert in dieser Woche auch das EU-Parlament über die Reformpläne. Das Thema ist unter den Abgeordneten ebenfalls hoch umstritten. Wegen mehr als 2000 Änderungsanträgen werden sie sich wohl erst gegen Ende der Woche auf eine gemeinsame Position verständigen. Danach könnten die Verhandlungen zwischen den beiden EU-Institutionen über einen finalen Text beginnen.
jj/se (dpa, afp)