EU will Reinheitsgebot für Sojafutter kippen
9. Februar 2011Für die Tiermast in Europa wird vor allem eiweißreiches Soja aus den USA, Brasilien und Argentinien importiert. Der Import von gentechnisch verändertem Futter ist bisher nur möglich, wenn es in der EU dafür eine Zulassung gibt. Wurden in den Schiffen nicht zugelassene Futtermittel oder auch nur Spuren von nicht zugelassenem Futter entdeckt, so mussten sie mit der Ware wieder umkehren.
Das will die EU-Kommission jetzt ändern. Am Mittwoch (09.02.2011) berät der ständige EU-Ausschuss für die Nahrungsmittelkette und Tiergesundheit darüber, ob die Null-Toleranz bei gentechnisch verändertem Futtermittel in Europa wegfallen oder weiterbestehen soll.
Druck der Futtermittellobby
Um den Verbraucher vor unbekannten Risiken zu schützen, gilt in der EU bisher die Null-Toleranz-Politik. Jetzt schlägt die EU-Kommission vor, diese Toleranz auf 0,1 Prozent anzuheben. Bei importierten Futtermitteln wäre dann die Verunreinigung von einem Gramm pro Kilogramm erlaubt. Die Futtermittelindustrie befürwortet diese Anhebung des Schwellenwertes. Alexander Döring, Generalsekretär des Europäischen Verbandes der Mischfutterindustrie, sagt, dass das Reinheitsgebot wegen des weltweiten gentechnischen Anbaus unmöglich einzuhalten sei. Und um die Kosten für Kontrollen und Transport möglichst niedrig zu halten, plädiert auch die deutsche Agrarlobby für die Aufhebung der europäischen Null-Toleranz Politik.
Doch nach Ansicht der Gentechnik-Gegner ist die Aufhebung der Null-Toleranz-Politik der EU ökonomisch nicht notwendig und beinhaltet unbekannte Risiken für die Verbraucher. Die bisherige Erfahrung zeige außerdem, dass eine Anhebung der Grenzwerte nicht notwendig sei: In den vergangenen zwei Jahren sei nur ein Schiff aus den USA bei Kontrollen aufgefallen und habe umkehren müssen. Von einer Gefahr für die europäische Futtermittelversorgung könne deshalb keine Rede sein, sagt Mute Schimpf vom Verband "Friends of the Earth" in Brüssel.
Abhängigkeit von Sojaimporten mindern
In der Kritik stehen die Sojaimporte für die Tiermast aber nicht nur wegen gentechnischen Veränderungen. 80 Prozent des benötigten Sojafutters muss die EU importieren - mit Konsequenzen für die Umwelt: In Brasilien werden beispielsweise Urwälder für die Sojaplantagen gerodet. Und seit den jüngsten Dioxinfunden im Futtermittel lehnen immer mehr Verbraucher die industrielle Fleischproduktion ab. Nach Ansicht von Experten ist die Ausrichtung auf eine immer größere Fleischproduktion und zunehmenden Fleischkonsum der falsche Ansatz und zudem klimaschädlich.
Um weniger Sojabohnen nach nach Europa importieren zu müssen und eine nachhaltigere Landwirtschaft zu fördern, fordert deshalb Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünenfraktion im Europäischen Parlament, ein Umsteuern und eine Neuausrichtung in der europäischen Agrarpolitik. Er empfiehlt einen verstärkten Eiweißanbau mit Erbsen und Bohnen in Fruchtfolge und will damit auch den Einsatz von klimaschädlichen Düngern reduzieren.
Autor: Gero Rueter
Redaktion: Julia Kuckelkorn