Union streitet über Gentechnik
18. April 2009Der Streit um die Gentechnik in der Union eskaliert: Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte an, das Verbot von Genmais in Deutschland nicht einfach hinzunehmen. Und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) warf der für das Verbot verantwortlichen Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) und ihrem Parteichef Horst Seehofer vor, nicht mehr hinter dem Koalitionsvertrag zu stehen.
Eine Gefahr für die Umwelt?
Aigner hatte den Anbau von genverändertem Mais der Sorte MON 810, den der US-Konzern Monsanto herstellt, vor wenigen Tagen untersagt. Es gebe berechtigten Grund zu der Annahme, dass MON 810 eine Gefahr für die Umwelt sei, sagte sie zu Begründung. Gefährdet sein könnten etwa Schmetterlinge, Wassertiere und Marienkäfer. Kritiker warfen ihr daraufhin vor, die Entscheidung vor allem mit Blick auf ihre bayerischen Wähler getroffen zu haben, die Genmais kritisch sehen.
Signal für Gentechnik gefordert
"Im Koalitionsvertrag haben wir uns verpflichtet, Forschung und Anwendung der grünen Gentechnik zu fördern", sagte Schavan dem Magazin "Focus". "Mitten in einer schweren Wirtschaftskrise setze ich besonders auf die Hochtechnologie wie die grüne Gentechnik." Ihr Parteikollege Wulff sagte der "Bild am Sonntag", er wolle nun ein klares Signal der Bundesregierung, dass sie für den Einsatz von Gentechnik in Deutschland ist. "Horst Seehofer und Ilse Aigner stehen in dieser Frage nicht mehr zum Koalitionsvertrag", kritisierte er.
Aigner dagegen verteidigte ihre Entscheidung: Sie sei nicht grundsätzlich gegen Gentechnik, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie habe lediglich eine Einzelfallentscheidung getroffen: "Es gibt neue Erkenntnisse, dass Genmais der Umwelt schaden kann." Aigner sprach sich auch gegen Patente in der Schweinezucht aus: "Es wäre nicht hinnehmbar, dass eine Firma sich eine gentechnische Veränderung bei einem Tier patentieren lässt und anschließend Patentgebühren von jedem Züchter verlangt, bei dessen Tieren dieses Gen auftaucht."
Bürger gegen Gentechnik
Umweltschützer und Landwirte hatten vergangene Woche einen Sammeleinspruch beim Europäischen Patentamt (EPA) eingelegt. Damit protestierten sie gegen ein Patent auf Schweinezucht. Auch aus Hessen, vom Bauernverband und dem Deutschen Tierschutzbund kam Einspruch. Der Bauernverband erklärte, solche Patente bedrohten die freie Züchtung. "Wir können nicht zulassen, dass die Großkonzerne eines Tages darüber entscheiden, was gezüchtet wird und die Verbraucher auf den Teller bekommen", kritisierte auch Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn. Das Bundesland Bayern will sich dafür einsetzen, dass Patente auf Tiere und Pflanzen generell verboten werden.
Die Bundesbürger befürworten einer neuen Umfrage zufolge mit großer Mehrheit das Verbot von Genmais. Bei einer Erhebung des Emnid-Instituts waren lediglich 16 Prozent dagegen, aber 78 Prozent dafür. Dabei lag die Zustimmung in Westdeutschland mit 80 Prozent deutlich höher als in Ostdeutschland, wo auch eine deutliche Mehrheit von 70 Prozent gegen Genmais war. (det/sas/ap/dpa/epd/rtr)