EU gibt Erlöse aus russischem Vermögen für die Ukraine frei
26. Juli 2024Erstmals soll die Ukraine Erträge von eingefrorenem russischen Vermögen bekommen, entschied die Europäische Union. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte eine Überweisung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro auf der Plattform X an.
"Die EU steht an der Seite der Ukraine. (...) Es gibt kein besseres Symbol oder Nutzen für das Geld des Kremls, als die Ukraine und ganz Europa zu einem sichereren Ort zum Leben zu machen", schrieb von der Leyen.
Das Geld, um das es geht, sind Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank in der EU. Sie hatte bereits im Frühjahr grundsätzlich beschlossen, diese Erträge für die Ukraine zu nutzen.
Auch deutsche Rüstungsindustrie profitiert
Das Geld fließe jedoch nicht als Direktüberweisung an die Ukraine, sondern an Länder wie Deutschland oder Tschechien, die der Ukraine damit zeitnah Ausrüstung für die Luftverteidigung oder Artilleriegeschosse zur Verfügung stellen wollen.
Nach Kommissionsangaben sind insgesamt rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU als Strafmaßnahme gegen Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben.
Den Vorschlag zur indirekten Verwendung russischer Gelder für die Ukraine hatten Kommissionschefin von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell den Regierungen der EU-Staaten im März gemacht. Er sieht vor, dass 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung geleitet werden sollen. Die restlichen zehn Prozent sollen für direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.
Russische Führung empört
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal begrüßte den Schritt als einen bedeutenden Beitrag zur Verteidigung und zum Wiederaufbau seines Landes. Der Kreml hatte die EU-Pläne bereits im Mai als "Enteignung" kritisiert.
Brüssel habe sich zwar für eine "gekürzte Variante" in seinem Vorgehen gegen Russland entschieden, indem es nur die Zinsen ins Auge fasse, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow damals. "Aber auch diese gekürzte Variante ist nichts anderes als eine Enteignung", fügte er hinzu.
Schlägt der Kreml zurück?
Russland hatte bereits im Vorfeld mitgeteilt, es werde im Falle einer Überweisung an die Ukraine rechtliche Schritte einleiten. Der Kremlsprecher sagte, die russische Führung werde nun sorgfältig abwägen, wie sie auf die Überweisung der Zinserträge an die Ukraine reagieren werde.
Sollte Russland Vergeltungsmaßnahmen einleiten, wäre es denkbar, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.
pdo/kle (dpa, rtr)