Ukraine kann auf neue Hilfen für die Luftabwehr hoffen
10. Juli 2024Zum Auftakt des NATO-Gipfels in Washington haben die USA und andere Partner der Ukraine weitere militärische Unterstützung zugesagt. US-Präsident Joe Biden kündigte bei einem Festakt zum 75-jährigen Bestehen des Verteidigungsbündnisses an, die USA und weitere NATO-Staaten wollten Kiew zusätzliche Ausrüstung zur Abwehr russischer Luftangriffe liefern.
Mehrere Mitgliedstaaten der Allianz - so auch die USA, Deutschland, Rumänien, die Niederlande und Italien - kündigten an, sie wollten "zusätzliche strategische Luftverteidigungssysteme zur Verfügung stellen, darunter weitere Patriot-Batterien, die von den Vereinigten Staaten, Deutschland und Rumänien gespendet wurden. Außerdem wollten die Niederlande und andere Partner Komponenten liefern, um ein weiteres Patriot-System zu betreiben, hieß es in einem gemeinsamen Statement.
Das meiste davon ist allerdings nicht neu. Bei dem deutschen Beitrag handelt es sich nach Angaben aus Kreisen der Bundesregierung um eines von drei bereits gelieferten Patriot-Systemen. Rumänien und die Niederlande hatten ihre Lieferungen auch bereits zuvor in Aussicht gestellt. Die USA aber schicken nun ein weiteres Patriot-System in die Ukraine. Eines hatten sie bereits geliefert.
Weitere Luftabwehrsysteme erwartet
Das Patriot-Flugabwehrraketensystem zählt zu den modernsten der Welt. Mit ihm werden feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft. Aus NATO-Kreisen hieß es, es sei enttäuschend, dass bis zu dem Gipfel nicht Zusagen für mehr Patriot-Systeme zustande gekommen seien. In dem Statement sagen die Mitgliedstaaten der Regierung in Kiew allerdings auch Dutzende taktische Luftabwehrsysteme - etwa vom Typ Nasams oder Iris-T - zu, ebenso wie Hunderte zusätzliche Abfangraketen, die im Laufe des nächsten Jahres geliefert werden sollen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich für die in Aussicht gestellte Unterstützung. Die zusätzlichen Patriots und Luftabwehrsysteme würden dabei helfen, "russische Drohnen und Raketen zu zerstören und die Ukrainer besser vor russischem Terror aus der Luft zu schützen".
Bei einer Rede am Rande des Gipfels richtete Selenskyj den Blick auch auf die US-Präsidentschaftswahl im November. Die ganze Welt schaue auf den Wahlkampf. Und auch das NATO-Treffen werde davon überschattet. Es sei an der Zeit, "aus dem Schatten zu treten, starke Entscheidungen zu treffen und zu handeln - und nicht auf den November oder einen anderen Monat zu warten", mahnte Selenskyj. "Wir müssen stark und kompromisslos sein, alle zusammen."
NATO-Generalsekretär wirbt für neue Beitritte
Der scheidende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg schließlich nutzte seine Rede, um für eine Aufnahme von beitrittswilligen Ländern wie der Ukraine zu werben. Die Erweiterung des Bündnisses nach dem Ende des Kalten Krieges habe Europa geeint, den Weg zur Integration geebnet und Frieden und Wohlstand über den Kontinent gebracht. Wie damals müssten auch heute "Klarheit und Entschlossenheit" gezeigt werden, betonte Stoltenberg.
Mit diesen Äußerungen stellte sich der Generalsekretär klar auf die Seite derjenigen NATO-Mitglieder, die dem Beitrittswunsch der Ukraine sehr offen gegenüberstehen und dem Land schnelle Fortschritte im Aufnahmeprozess ermöglichen wollen. Positive Entscheidungen in diese Richtung werden vor allem wegen des Widerstandes von Bundeskanzler Olaf Scholz und Biden nicht erwartet.
Der Festakt wurde in der US-Hauptstadt im Andrew W. Mellon Auditorium ausgerichtet und damit an dem Ort, an dem am 4. April 1949 mit dem Washingtoner Vertrag das Gründungsdokument der NATO unterzeichnet worden war. Biden würdigte das Bündnis als die "größte und wirksamste Verteidigungsallianz in der Geschichte der Welt".
Beratungen auch über Lage im Indopazifik
An diesem Mittwoch beraten die Staats- und Regierungschefs, welche Fähigkeiten zur Verteidigung und Abschreckung das Bündnis angesichts internationaler Bedrohungen braucht. Auch China dürfte Thema sein. Insbesondere die USA nehmen die Volksrepublik als zunehmende Sicherheitsbedrohung wahr und legen besonderes Augenmerk auf die Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten der NATO im Indopazifik.
Zu dem Gipfeltreffen sind daher auch Partner aus dem indopazifischen Raum eingeladen: Japan, Neuseeland, Südkorea und Australien.
sti/AR (afp, dpa, rtr)