Mahnung aus Brüssel
18. März 2010Die Mahnung des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso war deutlich: "Ich möchte, dass Georgien auf alle Aktivitäten verzichtet, die örtliche oder regionale Spannungen anheizen." Er sei sehr besorgt über die Fernsehsendung, sagte Barroso am Mittwoch (17.03.2010) in Brüssel nach einem Treffen mit dem georgischen Regierungschef Nika Gilauri.
Der georgische Fernsehsender "Imedi" hatte am 13.03.2010 berichtet, russische Panzer seien auf dem Weg in die Hauptstadt Tiflis, Häfen und Flughäfen würden bombardiert. Zudem hätten mehrere Oppositionsführer auf die russische Seite gewechselt. Die Sendung, die in Georgien eine Massenpanik ausgelöste, zeigte jedoch Archivbilder des russischen Einmarschs im August 2008. Lediglich kurz vor Beginn des Beitrags wurde kurz eingeblendet, dass es sich um eine "Simulation" möglicher Ereignisse handele.
Journalistische Fehlleistung
Gilauri betonte in Brüssel, "Imedi" sei ein privater Fernsehsender und werde nicht von der Regierung kontrolliert. "Aber der Bericht war nicht gut, überhaupt nicht gut", so der georgische Regierungschef. Barroso erklärte, die EU unterstütze Georgien weiterhin bei allen Bemühungen, den Rechtsstaat wieder herzustellen. Russland müsse seinen Waffenstillstandsverpflichtungen nachkommen. Auch müssten die EU-Beobachter ungehinderten Zugang zu den abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien erhalten, hieß es in Brüssel.
Opposition kritisiert Saakaschwili
Die georgische Opposition erhebt Vorwürfe gegen die Führung des Landes. "Imedi" werde von einem Verbündeten des georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili betrieben und dazu missbraucht, Kritiker der Staatsmacht in Misskredit zu bringen. "Ich bin sicher, dass jede Sekunde dieser Sendung mit Saakaschwili abgestimmt war", sagte Oppositionsführerin Nino Burdschanadse. Auch sie zählte zu den Politikern, die in dem Bericht zur russischen Seite übergelaufen sein sollten. Dem Präsidenten gehe es darum, Angst vor den Russen in der Bevölkerung zu schüren, damit er seinen Posten behalte, erläuterte Burdschanadse.
Saakaschwili hingegen verteidigt die Reportage. Die Darstellung sei zwar "unangenehm, aber realitätsnah" gewesen. Der Bericht habe jedoch nicht darauf abgezielt, die "Würde" der Oppositionsführerin und früheren Parlamentspräsidentin zu verletzen. Zugleich kritisierte er auch ein Treffen Burdschanadses mit russischen Regierungsvertretern, darunter mit Premier Wladimir Putin. "Wer die Hände derjenigen schüttelt, die an ihren Händen georgisches Blut tragen, der wird nie respektiert", so Saakaschwili.
Eineinhalb Jahre nach dem russisch-georgischen Krieg hatte sich die georgische Oppositionsführerin bei einem Treffen mit Putin am 4.03.2010 für eine Verbesserung der zerrütteten bilateralen Beziehungen ausgesprochen. Burdschanadse ist die ranghöchste georgische Politikerin, die seit dem Krieg im August 2008 Moskau besucht hat. Die 45-jährige war lange eine enge Mitarbeiterin von Saakaschwili, ist aber heute eine scharfe Kritikerin des Staatschefs.
Autor: Markian Ostaptschuk (dpa, afp)
Redaktion: Nicole Scherschun