EU droht Herkunftsländern von Flüchtlingen
7. Juni 2016Zuckerbrot und Peitsche: Die EU-Kommission winkt Staaten, die angesichts der Flüchtlingskrise mit Europa zusammenarbeiten, mit Geld. Länder, die dazu nicht willens sind, müssen möglicherweise mit Kürzungen bei der Entwicklungshilfe rechnen. Das geht aus dem Entwurf einer Mitteilung der EU-Kommission hervor, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt. Im Blick hat die EU-Behörde dabei insbesondere die Entwicklungspolitik und Handelsbeziehungen. An diesem Dienstag will die EU-Behörde das Papier offiziell in Straßburg vorstellen.
In dem Papier ist von "positiven und negativen Anreizen" die Rede. Bisher, so die EU-Kommission, sei die "Nachricht, dass Migrationsfragen jetzt oben auf der Prioritätenliste der EU-Außenbeziehungen stehen" noch nicht bei allen Partnerländern angekommen. Trotz laufender Gespräche habe sich die Kooperation mit Drittstaaten nicht deutlich verstärkt, vor allem nicht, wenn es um Rückführungen und Wiederaufnahme von Migranten aus Europa gehe.
Brüssel wolle zunächst sieben afrikanischen Staaten sogenannte Migrationspartnerschaften anbieten, sagte der zuständige EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der Zeitung "Die Welt". Ziel sei eine Bekämpfung von Fluchtursachen und ein "Rückgang der irregulären Migration nach Europa". Allein von 2016 bis 2020 könnten "etwa acht Milliarden Euro für die Finanzierung der Migrationspartnerschaften bereitgestellt werden", sagte Avramopoulos.
Laut Avramopoulos geht es um die Rücknahme illegaler Migranten, den Kampf gegen Menschenschmuggler oder Grenzschutz. Nachbarländer von Krisenstaaten sollen ermutigt werden, noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Eine reformierte Blue Card soll qualifizierten Migranten legale Wege nach Europa öffnen.
Testlauf in Afrika
Als weiteren möglichen Nutzen stellte er kooperativen Ländern zusätzlich zu bisherigen Hilfsgeldern einen Ausbau von Handelsbeziehungen in Aussicht. Zu den ausgewählten Ländern gehören nach seinen Worten Tunesien, Niger, Äthiopien, Mali, Senegal, Nigeria und Libyen sowie die Nahost-Staaten Jordanien und Libanon. Später könnten weitere Länder in Afrika und Asien dazukommen, so der griechische EU-Kommissar.
Man wolle die zunächst neun Staaten überzeugen, "illegale Migranten wieder zurückzunehmen". Zudem sollten sie konsequenter gegen Menschenhändler vorgehen und "ihre Grenzen wirksam sichern".
Zur langfristigen Bekämpfung von Fluchtursachen will die EU-Kommission nach seinen Worten im Herbst einen Investitionsplan vorstellen. Durch private und öffentliche Investitionen könnten bis zu 31 Milliarden Euro zusammenkommen, rechnet Avramopoulos vor. "Wenn sich auch die Mitgliedstaaten und andere Partner entsprechend beteiligen, könnten am Ende sogar Investitionen von bis zu 62 Milliarden Euro mobilisiert werden", erklärt er. Als Vorbild für die Zusammenarbeit soll laut EU-Kommission die Türkei dienen. "Das wird aber keine bloße Kopie sein", so Avramopoulos. "Wir wollen vielmehr maßgeschneiderte Maßnahmen für jedes einzelne Land."
stu/sti (afp, dpa, kna)