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Erste U-Haft wegen Sexualdelikten in Köln

18. Januar 2016

Acht Verdächtige sitzen wegen der Kölner Silvester-Übergriffe in Untersuchungshaft - erstmals auch ein Mann, dem eine Sexualstraftat vorgeworfen wird. Das Innenministerium attackiert derweil die Oberbürgermeisterin.

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Deutschland, Festnahme an Silvester in Köln
Ein Mann wird in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof abgeführtBild: picture-alliance/dpa/M. Böhm

Nach den massiven Übergriffen auf Frauen in Köln sitzt erstmals ein Tatverdächtiger wegen eines Sexualdelikts in Untersuchungshaft. Dem 26 Jahre alten Algerier werde vorgeworfen, aus einer Gruppe heraus ein Opfer sexuell genötigt und dabei ein Handy gestohlen zu haben, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer.

Der Mann sei am Wochenende zusammen mit einem weiteren Algerier festgenommen worden, der einen Handydiebstahl, aber keine Sexualstraftat begangen haben soll. Beide lebten in einer Flüchtlingsunterkunft in Kerpen. Der Verdächtige, der wegen mutmaßlicher sexueller Nötigung in U-Haft sitzt, habe sich zu den Vorwürfen noch nicht geäußert.

Fast 800 Strafanzeigen

Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben nun gegen 21 Beschuldigte, von denen acht in Untersuchungshaft sitzen. Den meisten werden Eigentumsdelikte wie Diebstahl vorgeworfen. Insgesamt liegen den Ermittlern inzwischen 766 Strafanzeigen vor, davon fast 500 wegen Sexualdelikten.

Nordrhein-Westfalens Innenministerium nahm die Kölner Polizei gegen den Vorwurf in Schutz, Oberbürgermeisterin Henriette Reker nicht richtig über die Übergriffe in der Silvesternacht informiert zu haben. Der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium, Wolfgang Düren, versicherte in einem veröffentlichten Brief, es habe "keinerlei Unrichtigkeiten in den Erklärungen der Polizei gegeben".

Deutschland Silvesternacht vor dem Hauptbahnhof in Köln
Chaotische Lage: In der Silvesternacht zwischen Kölner Hauptbahnhof und DomBild: picture-alliance/dpa/M. Böhm

Albers habe die Oberbürgermeisterin am 2. Januar telefonisch "über die bis dahin vorhandenen Erkenntnisse unterrichtet", so Düren. Bei der Pressekonferenz am 4. Januar habe die Polizei darauf hingewiesen, "dass es sich bei der alkoholisierten Menschenmenge vornehmlich um Personen aus dem nordafrikanisch-arabischen Raum handelte". In einem Gespräch am 5. Januar habe Albers Reker dann erneut über den aktuellen Stand in Kenntnis gesetzt.

"Durchaus unzureichend informiert"

Reker hatte am vergangenen Freitag noch einmal wiederholt, dass sie sich durchaus unzureichend informiert fühle. "Die frühen polizeiinternen Informationen und Protokolle, die in den letzten Tagen in den Medien veröffentlicht wurden, haben mir zum Zeitpunkt der Pressekonferenz am 5. Januar nicht vorgelegen und liegen mir auch bis heute nicht vor", betonte sie.

Ministerialvertreter Düren wies darauf hin, dass es bis zum 5. Januar tatsächlich noch keine Erkenntnisse zu Tatverdächtigen gegeben habe. Erst am 6. Januar seien die ersten drei Verdächtigen ermittelt worden. Albers habe Reker folglich am 5. Januar auch hier den aktuellen Stand richtig wiedergegeben. Zudem habe er damals öffentlich "differenziert" berichtet, dass sich unter rund 70 polizeilich kontrollierten Störern, die sich in der Silvesternacht unter den rund 1000 Menschen am Bahnhofsvorplatz befanden, viele mit einer "Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender" ausgewiesen hätten.

"Staatsversagen in der Silvesternacht"

Reker hatte am 5. Januar erklärt, die Behörden hätten keine Hinweise darauf, dass es sich bei den Beteiligten um Menschen aus der "Flüchtlingsgruppe" handele. Entsprechende Vermutungen seien "absolut unzulässig". Drei Tage später beklagte sie, die Fakten, die ihr die Polizeiführung geschildert habe, gäben nicht das vollständige Bild der Einsatznacht wieder - ihr Vertrauensverhältnis zur Kölner Polizeiführung sei "erheblich erschüttert".

Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte den Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers am 8. Januar in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Doch längst steht Jäger selbst unter Druck. Die Oppositionsfraktionen im nordrhein-westfälischen Landtag wollen einen Untersuchungsausschuss einsetzen. CDU-Fraktionschef Armin Laschet erklärte am Freitag, nach wie vor seien "viele Fragen zur politischen Verantwortung für das Staatsversagen in der Kölner Silvesternacht offen".

jj/djo (dpa, afp, ap)