Pflicht zur Erinnerung
17. Juni 2018Bei der zentralen Gedenkfeier der Bundesregierung am Mahnmal des Volksaufstands auf dem Friedhof Seestraße in Berlin-Wedding rief Kulturstaatsministerin Monika Grütters zur Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten auf. "Wir stehen auch gegenüber der jungen Generation in der Pflicht zu vermitteln, wie hart errungen unsere demokratischen Freiheitsrechte sind und welche Gefahren für Demokratie und Menschenrechte von totalitären Ideologien ausgehen, in welchem Gewand auch immer sie daherkommen", erklärte Grütters.
Die Aufständischen vom 17. Juni 1953 seien für Freiheit und Demokratie eingetreten, indem sie Zivilcourage zeigten und den Machthabern die Stirn boten, so Grütters weiter. Seit 1990 gehöre die Erinnerung an die SED-Diktatur zum historischen Erbe des wiedervereinten Deutschlands.
Zuvor hatte Grütters gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller vor dem Bundesfinanzministerium am Bodendenkmal auf dem "Platz des Volksaufstands von 1953" einen Kranz niedergelegt. Müller sagte, der 17. Juni sei und bleibe ein wichtiger Tag in der deutschen und der europäischen Geschichte der Freiheit. Was damals begann, habe 1989 mit dem Fall der Mauer vollendet werden können.
Der Vorplatz am Bundesfinanzministerium war damals einer der Brennpunkte der Proteste. Vorausgegangen war der verschärfte Aufbau des Sozialismus, den die Einheitspartei SED seit Anfang der 1950er Jahre in der DDR propagierte. Bauern wurden zwangskollektiviert, mittelständische Unternehmen enteignet, und das Regime blies zur Hetzjagd auf Kirchen. Die Erhöhung der vorgegebenen Arbeitsleistung und die damit verbundenen Lohneinbußen von bis zu zehn Prozent brachten das Fass zum Überlaufen.
In vielen Orten wurden besonders Gebäude der SED und der Volkspolizei gestürmt und verwüstet. Mehr als 1000 Gefangene kamen bei der Erstürmung von Gefängnissen frei. An anderen Stellen kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.
Weil den DDR-Behörden die Kontrolle verloren zu gehen drohte, rückten in Ostberlin und anderen Städten sowjetische Militäreinheiten gegen die aufgebrachten Menschen vor und schlugen den Aufstand nieder.
Dabei kamen mindestens 55 Menschen ums Leben, Hunderte wurden verletzt. In den folgenden Tagen wurden rund 15.000 Demonstranten und Mitglieder von Streikkomitees verhaftet. Trotz Verhängung des Ausnahmezustandes kam es noch bis Anfang Juli in mehreren Betrieben zu Streiks und Protesten.
Die Bundesrepublik Deutschland beschloss nur wenige Wochen später, den 17. Juni zum "Tag der Deutschen Einheit" zu erklären. Bis zur Wiedervereinigung 1990 lag der Nationalfeiertag an diesem Datum. Jetzt wird er am 3. Oktober gefeiert, dem Tag, an dem die DDR der Bundesrepublik Deutschland beitrat.
uh/HF (epd)